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  • Der Blinddarm
9 min

Blinddarmentzündung – Eine ganzheitliche Ansicht

Bei einer Blinddarmentzündung ist es meist soweit – und man findet sich relativ schnell auf dem OP-Tisch wieder. Denn eine Blinddarmentzündung kann zum Darmdurchbruch führen, was lebensgefährlich enden kann. Aus schulmedizinischer Sicht war der Blinddarm (bzw. der Wurmfortsatz) lange Zeit völlig nutzlos für den Menschen. Daher wartete man oft gar nicht erst eine Blinddarmentzündung ab, sondern entfernte den Blinddarm rein prophylaktisch, z. B. im Rahmen einer anderen Operation. Inzwischen weiss man jedoch, dass der Wurmfortsatz alles andere als nutzlos ist.

Fachärztliche Prüfung: Dr. med. Jochen Handel
Aktualisiert: 08 Februar 2024

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Blinddarmentzündung: Was ist das?

Bei einer Blinddarmentzündung (Appendizitis) ist nicht der Blinddarm an sich entzündet, sondern der sog. Wurmfortsatz – ein kleines, röhrenförmiges Anhängsel des Blinddarms im rechten Unterbauch. Da man jedoch nie von Wurmfortsatzentzündung spricht, bleiben auch wir nachfolgend beim bekannten Begriff der Blinddarmentzündung, wenn wir vom entzündeten Wurmfortsatz sprechen.

Wie sind die Symptome einer Blinddarmentzündung?

Die Blinddarmentzündung äussert sich mit Schmerzen im rechten Unterbauch. Dann jedoch ist die Entzündung schon recht weit fortgeschritten. In ihren Anfängen zeigt sich die Blinddarmentzündung mit ganz anderen Symptomen. Nur werden diese oft noch gar nicht ernst genommen.

Die krampfartigen Schmerzen sind anfangs beispielsweise eher in der Magengegend oder im ganzen Bauch, erst sehr viel später wandern sie konkret in den rechten Unterbauch. Auch Übelkeit mit Erbrechen und Verstopfung (oder auch Durchfall) können auf einen gereizten oder entzündeten Wurmfortsatz hinweisen.

Da man aber zu Hause selten entscheiden kann, ob das Bauchweh samt Durchfall oder vehementer Verstopfung nun vom Blinddarm herrührt oder einfach nur eine kleine Darmgrippe ist, sollte man in jedem Fall das Bett hüten, nur trinken (meist hat man sowieso keinen Appetit) und allenfalls leichte Schonkost zu sich nehmen, damit sich die Entzündung oder Reizung wieder in aller Ruhe zurückbilden kann.

Besonders wenn noch Fieber hinzukommt, ist es sicherer, einen Arzt zu Rate zu ziehen – obwohl man auch hier nicht selten mit der vorschnellen Diagnose Magen-Darm-Verstimmung beruhigt wird.

In der Naturheilkunde wird an mancher Stelle bei einer Blinddarmreizung übrigens ein kalter Darmeinlauf empfohlen. Wie kommt es zu diesem Rat?

Was sind die Ursachen einer Blinddarmentzündung?

Zu den häufigsten Ursachen einer Blinddarmentzündung gehören Kotsteine (also verhärtete Stuhlreste infolge chronischer Verstopfung) und Verengungen durch beispielsweise Schleimhautschwellungen. Beides verstopft die Verbindung zwischen Wurmfortsatz und Blinddarm. Der Wurmfortsatz kann sich nicht mehr in den Blinddarm entleeren. Schnell verwandelt er sich in eine Brutstätte für schlechte Bakterien und Eiter – und quillt immer mehr auf.

Beide Ursachen (Schleimhautschwellungen und Verstopfung) haben ebenfalls wieder eine Ursache. Häufig ist es eine ungünstige Ernährungs- und Lebensweise. Denn Verstopfung ist die Folge insbesondere von ballaststoffarmer Ernährung, Flüssigkeitsmangel, einer Darmflorastörung (Dysbiose) und Bewegungsmangel.

Eine Schleimhautschwellung wiederum kann das Ergebnis einer Immunsystemschwäche und/oder einer Dysbiose sein. Jetzt kann die Darmflora ihre Abwehrfunktion nicht mehr wahrnehmen und schädliche Bakterien führen zu einer Infektion und diese zur Schleimhautschwellung.

Könnte bei einer Blinddarmentzündung ein Einlauf helfen?

Wenn beide Ursachen die Konsequenzen eines schlechten Lebensstils sind, dann können auch beide mit einer Änderung der Ernährungs- und Lebensweise wieder aufgehoben werden. Da eine solche Änderung der Lebensführung jedoch eher langfristig wirkt, kann es sehr gut sein, dass der Blinddarm bei einer akuten Blinddarmentzündung mit dieser Massnahme nicht mehr gerettet werden kann.

Ein kalter Einlauf kann aber nicht schaden und soll nun als kurzfristige naturheilkundliche Massnahme dabei helfen, mögliche Kotsteine zu lösen und auszuspülen. Zwar erreicht das kühle Wasser beim Einlauf sicher nicht den Blinddarm, jedoch unterstützt es mechanisch und durch den Kältereiz auch reflektorisch die Darmentleerung. So wird der Körper sehr entlastet und kann sich dann wieder voll und ganz um seinen Blinddarm kümmern. Auf diese Weise wurde schon manche Blinddarmoperation überflüssig. Einen Abbruch des Einlaufs empfehlen wir nur, wenn die Schmerzen nicht zu ertragen sind. Der Einlauf sollte Erfahrungsgemäss in Links-Seitenlage gemacht werden.

Blinddarmentzündung - Blinddarmdurchbruch

Eine Blinddarmreizung bildet sich sehr oft wieder zurück – ohne jede Behandlung. Wird jedoch eine schwere akute Blinddarmentzündung, die der Körper selbst nicht mehr beheben kann, nicht therapiert oder operiert, so kann der Blinddarm einen Durchbruch erleiden. Das bedeutet, dass der entzündete, mit Eiter, Bakterien und Stuhl gefüllte Wurmfortsatz platzt und sich sein Inhalt in die Bauchhöhle ergiesst.

Zunächst nimmt der Schmerz jetzt kurzfristig ab, da der Wurmfortsatz sich entleeren konnte. Dann aber kehrt er umso schlimmer zurück, weil sich die Infektion jetzt in der Bauchhöhle ausbreitet. Eine Bauchfellentzündung entsteht, was äusserst lebensbedrohlich ist und früher eine bedeutende Todesursache darstellte.

Deshalb hat man einst bei der kleinsten Vermutung, es könne sich um eine Blinddarmentzündung handeln, den Wurmfortsatz operativ entfernt. Auch vorbeugende Blinddarmoperationen waren keine Seltenheit – und zwar bis in die Neuzeit hinein.

Prophylaktische Blinddarmoperation sinnvoll?

Gynäkologen und Geburtshelfer der University of Miami publizierten im Jahr 2003 eine Studie im American Journal of Obstetrics and Gynecology ( 2 ). Die Untersuchung ergab, dass die Entfernung eines gesunden Blinddarms während "gutartiger gynäkologischer Eingriffe nicht die postoperative Komplikationsrate erhöht oder den Krankenhausaufenthalt verlängert".

Daraufhin ging man häufiger dazu über, den Wurmfortsatz gleich mit zu entfernen, wenn beispielsweise ein operativer Eingriff an der Gebärmutter erforderlich war. Auf diese Weise glaubte man, der Patientin weitere mögliche Komplikationen und Eingriffe ersparen zu können.

Auch Menschen, die Fernreisen unternahmen oder einen längeren Auslandsaufenthalt in Entwicklungsländern planten, zogen häufig eine Blinddarmoperation in Erwägung, um nicht auf hoher See, irgendwo im Urwald oder mitten in der Wüste plötzlich an Blinddarmdurchbruch zu versterben. Heute wird all das glücklicherweise nicht mehr ganz so extrem gehandhabt, denn man weiss auch um die Risiken einer Blinddarmoperation. Zwar ist eine solche längst ein Routineeingriff. Doch ändert es nichts daran, dass jeder Eingriff – ob Routine oder nicht – Risiken birgt und auch langfristige Folgen mit sich bringen kann.

Blinddarmoperation – Die Risiken

Abgesehen von den üblichen Operationsgefahren wie Infektionen oder inneren Verletzungen, kann die Entfernung des Wurmfortsatzes das Risiko einer späteren Eileiterschwangerschaft erhöhen. Auch die Gefahr für einen Darmverschluss oder generell für Verengungen des Darms mit nachfolgenden Verdauungsbeschwerden steigt nach einer Blinddarmoperation. Aus dem Jahr 2007 gibt es eine skandinavische Studie( 8 ), die feststellte, dass besonders im ersten Halbjahr nach der Blinddarmentfernung ein höheres Risiko für Morbus Crohn besteht. Je weiter die OP zurückliegt, umso mehr sinkt dieses Risiko jedoch wieder. Und eine im September 2009 veröffentlichte Studie gab an, dass auch das Darmkrebsrisiko bei Menschen ohne Blinddarm höher ist ( 6 ).

Schonkost und Antibiotika statt Operation?

Meist wird der mit Blinddarmentzündung eingelieferte Patient daher nicht mehr sofort auf den OP-Tisch verfrachtet, sondern – wenn die Entzündung im Ultraschall nicht eindeutig lokalisiert werden kann – auf Schonkost gesetzt und einige Tage lang beobachtet. Das ist sehr positiv zu werten, da man damit dem Organismus die Chance zur Selbstheilung gibt.

Beruhigt sich die Angelegenheit wieder, sagen viele Menschen oft: „Es ging von alleine weg.“ Doch „von alleine“ geht gar nichts weg. Wenn sich die Blinddarmentzündung ohne ärztliche Eingriffe wieder verflüchtigt hat, dann ist dies das Ergebnis schwerster Arbeit des gesamten Immunsystems – und man sollte dem eigenen Organismus für diese Leistung entsprechende Wertschätzung entgegenbringen, sprich dafür sorgen, dass er gesund ernährt wird und somit künftig auch keinen Grund mehr zu einer Blinddarmentzündung haben muss.

Andererseits wird immer häufiger in den ersten Tagen einer Blindarmentzündung oder Blinddarmreizung nicht mehr nur beobachtet. Stattdessen verordnet man seit einigen Jahren Antibiotika, um eine Operation zu vermeiden. Zwar können die Antibiotika die Entzündung oft auch tatsächlich zurückdrängen und sind in jedem Fall im Vergleich zur Operation die bessere Wahl. Doch wird durch ein Antibiotikum auch das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen, so dass anschliessend bestimmte Massnahmen erforderlich sind.

Darmflora nach Antibiotika-Therapie aufbauen!

Antibiotika beeinflussen die Darmflora äusserst negativ. Und die Darmflora ist wiederum ein wichtiger Teil des Immunsystems. Wenn also die Antibiotika-Therapie bei einer Blinddarmentzündung erfolgreich war, sollten Sie in jedem Fall im Anschluss daran den Aufbau einer gesunden Darmflora in Erwägung ziehen.

Abgesehen vom Operationsrisiko und den möglichen langfristigen Folgen einer Blinddarmentfernung gibt es jedoch noch weitere Gründe, warum der Blinddarm bzw. der Wurmfortsatz nicht so einfach entfernt werden sollte.

Er ist nämlich nicht – wie oft geschrieben, gesagt und geglaubt wird – ein Rudiment aus alten Zeiten, das längst nicht mehr gebraucht wird. Der Wurmfortsatz hat hingegen eine extrem wichtige Funktion im menschlichen Körper. Es ist also ganz und gar nicht klug, ihn grundlos, prophylaktisch oder unüberlegt zu entfernen.

Der Wurmfortsatz – Wichtiger Teil des Immunsystems

Der Wurmfortsatz ist schon einmal ganz anders aufgebaut als der Rest des Dickdarmes – was auf seine Sonderstellung hinweist. Er gehört eindeutig zum lymphatischen System und ist damit eine wichtige Komponente des körpereigenen Immunsystems. Im Gegensatz zum übrigen Dickdarmgewebe besteht die Wand des Wurmfortsatzes aus lymphatischem Gewebe mit sehr vielen eingelagerten Lymphfollikeln, wo Abwehrzellen gebildet und geschult werden.

Im Journal of Evolutionary Biology wurde 2009 eine Studie veröffentlicht, in der Forscher der Universitätsklinik Arizona erklären, dass der Wurmfortsatz überdies ein hoch spezialisiertes Organ sei, das sich in der Evolution von Säugetieren seit über 80 Millionen Jahren gehalten und weiter entwickelt habe. Seine Aufgabe bestünde unter anderem in der Beherbergung probiotischer Bakterien, die für die Gesundheit unerlässlich sind ( 1 ).

Der Wurmfortsatz schützt Ihre Darmflora

So bezeichneten die Wissenschaftler den Wurmfortsatz als eine Art Unterschlupf für probiotische Darmbakterien. Aus diesem Reservoir kommen immer wieder – auch wenn die Darmflora im übrigen Darm vernichtet wurde (durch Infektionen oder Antibiotika) – sog. „Starterkulturen“, aus denen der Organismus eine neue und gesunde Darmflora aufbauen kann – natürlich nur, wenn die Funktionen des Verdauungssystems, die Darmschleimhaut, der Blinddarm etc. noch in Ordnung sind.

Der Wurmfortsatz – so die Forscher - habe sich vermutlich entwickelt, um auf diese Weise der Darmflora einen Schutz während gastrointestinaler Infektionen zu bieten.

Oft liest man nun, dass diese Funktion ja in Drittweltländern schön und gut sei, weil die Menschen dort aufgrund schlechter Hygieneverhältnisse häufiger an Darminfekten zu leiden haben, in den Industrienationen jedoch, wo alles tiptop ist, brauche man den Wurmfortsatz nun wirklich nicht mehr.

Welch Trugschluss zu glauben, eine Reservoir gesunder Darmbakterien sei nur für Darminfekte erforderlich. Es genügt bereits ein einziger Blick in die Fachliteratur zum Thema „Darmflora und ihre Auswirkung auf die Gesundheit“ zu werfen. Schon erkennt man, dass eine gesunde Darmflora nicht nur für den Darm wichtig ist, sondern für wirklich jedes Organ und überdies vermutlich die Entwicklung einer jeden Krankheit verhindern kann.

Ob Diabetes, Asthma, Autoimmunerkrankungen, Allergien, Depressionen, Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Heisshungerattacken, Übergewicht, häufige Pilzinfektionen, Hautkrankheiten, immer wiederkehrende Blasenentzündungen, Zahnfleischerkrankungen, Infektanfälligkeit, Arthritis und Arthrose und viele weitere mehr – alle diese Krankheiten werden mit einer Störung der Darmflora in Verbindung gebracht bzw. können gebessert oder gar vermieden werden, wenn die Darmflora in Ordnung ist. Das aber ist sie heute nur noch selten. Die Darmflora wird nämlich – wie gerade in den Industrienationen üblich – besonders von Fastfood, Stress, Medikamenten, Alkohol, Zucker etc. gestört und geschädigt.

Blinddarmentzündung besser vorbeugen!

Denken Sie daher – sofern Sie ihn noch haben – an Ihren Wurmfortsatz, pflegen Sie ihn gut und sorgen Sie dafür, dass es bei Ihnen keinen Grund für eine Blinddarmentzündung geben wird. Auf diese Weise bleibt Ihnen ein grossartiger Schutz gegen Krankheiten der verschiedensten Couleur erhalten.

Lassen Sie auch die Symbolik nicht ausser Acht. Denn auf seelischer Ebene kann Ihnen eine Blinddarmentzündung oder auch schon eine Blinddarmreizung alle Augen öffnen – symbolisiert der Blinddarm doch eine Sackgasse. Und in einer Sackgasse steckt auch oft der Betroffene. Er kämpft innerlich gegen eine Wand. Oft schon jahrelang. Und natürlich erfolglos. Es ist an der Zeit, den Kampf aufzugeben, sich umzudrehen, aus der Sackgasse herauszugehen und ganz andere und neue Wege finden.

Wie Sie Ihr Verdauungssystem und Ihre Darmflora auf körperlicher Ebene gesund halten können, erklären wir ausführlich. Lesen Sie unsere Tipps: So funktioniert eine Darmreinigung

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.