Fibromyalgie – Die Schmerzkrankheit
Fibromyalgie ist keine Modeerscheinung und auch keine neue Krankheit. Schon im 19. Jahrhundert wird von einer Krankheit berichtet, die mit Schmerz und Erschöpfung einhergeht. Man nannte sie Neurasthenie der nervösen Erschöpfung.
Im Laufe der Jahrzehnte erhielt sie noch etliche andere Bezeichnungen, bis sie schliesslich als Fibromyalgie oder einfach "Schmerzkrankheit" bezeichnet wurde – und genauso heißt die Fibromyalgie auch wörtlich übersetzt: Schmerzen (-algie) der Muskelfasern (fibro-my).
Einst glaubte man, nur 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung seien vom Fibromyalgie-Syndrom betroffen. Inzwischen ist man sicher, dass es viel mehr Menschen sind (3 – 4 Prozent), die mit dieser diffusen und oft verwirrenden Krankheit leben müssen.
Das sind schon mehr Menschen als jene mit rheumatischer Arthritis und fast halb so viele Menschen wie Diabetiker – und Diabetes gilt immerhin als Volkskrankheit. Die meisten unter den Fibromyalgie-Betroffenen wissen noch gar nicht, wie ihre Krankheit heißt und wandern von Arzt zu Arzt – stets auf der Suche nach der Ursache ihrer Beschwerden oder wenigstens nach einer Diagnose.
Fast immer sind Frauen betroffen. Es kann aber auch Kinder und Männer treffen. Nur erhalten Männer häufig einfach eine andere Diagnose, z. B., da die Fibromyalgie nach wie vor als "Frauenkrankheit" gilt ( 1 ).
Bei Kindern können die sog. Wachstumsschmerzen in Wirklichkeit erste Anzeichen der Schmerzkrankheit sein.
Die Symptome
Die Fibromyalgie ist ein echtes Syndrom, was bedeutet, dass es sich um eine ganze Ansammlung unterschiedlicher Symptome handelt:
Dauerhafte Schmerzen
Das Hauptsymptom der Fibromyalgie ist der im Körper ausgebreitete und dauerhaft bestehende Schmerz. Betroffene können selten sagen, wo genau es weh tut. Der Schmerz scheint überall zu sein – in den Gelenken, in der Muskulatur, in den Organen.
Auch kann er von einem Ort zum andern wechseln. Mal schmerzt es da, einige Tage später dann wieder dort.
Natürlich gibt es auch Tage, an denen es einigermassen gut geht. Bei jeglicher Belastung oder Überlastung jedoch kommen die Burnout-Syndrome zurück – sei es durch kaltes oder heisses Wetter, sei es durch zu viel Arbeit, zu viel Stress, zu viel Sport oder sei es eine Infektion.
Empfindlichkeit auf Kälte und Wärme
Viele Fibromyalgie-Betroffenen können auch Kälte und besonders Zugluft sehr schlecht ertragen, ja, oft frieren sie bereits, wenn andere Menschen die Temperatur noch als angenehm empfinden.
Beginnen die Temperaturen im Sommer jedoch zu steigen, ist auch die Wärme schnell lästig und die Fibromyalgie-Betroffene leiden rasch an Schweissausbrüchen und Hitzewallungen.
Übermässige Reizempfindlichkeit
Genauso kann sich bei einer fortschreitenden Fibromyalgie eine verstärkte Reizempfindlichkeit entwickeln. Lärm und Geräusche werden als höchst unangenehm empfunden. Man meidet Situationen, in denen Leute gleichzeitig sprechen (essen in der Kantine, Feste etc.) und stört sich schon am Klappern der Gabel auf dem Teller des Gegenübers.
Genauso unangenehm ist helles Licht. Am liebsten verlässt man das Haus nicht ohne Sonnenbrille.
Gerüche nehmen oft bedrohliche Ausmasse an, da man ihnen meist nicht so ohne weiteres aus dem Weg gehen kann. Doch stört hier nicht erst tatsächlicher Gestank. Schon Gerüche, die andere noch gar nicht wahrnehmen, empfindet man als extrem störend.
Ständig möchte man lüften, und in Räumen mit mehreren Menschen (Parfüm, Deo) hält man es kaum noch aus.
Auch Berührungen werden als unangenehm erlebt. Manchmal nur feste Berührungen (Druck, Massagen), manchmal aber auch sehr leichte Berührungen.
Schlaf- und Verdauungsstörungen
Das Einschlafen ist bei Fibromyalgie meist kein Problem, aber das Durchschlafen. Oft wacht man nach wenigen Stunden Schlaf auf und kann nicht mehr einschlafen. Am Morgen fühlt man sich entsprechend gerädert und wenig leistungsfähig. Denken Sie hier auch an Melatonin, das Schlafhormon. Wir haben im vorigen Link Massnahmen vorgestellt, die den Melatoninspiegel erhöhen. Manche Studien zeigen, dass ein gesunder Melatoninspiegel auch bei Fibromyalgie Linderung bringen kann ( 21 ).
*Mit einem Test können Sie Ihren persönlichen Melatoninspiegel überprüfen lassen: Melatonin-Test
Nicht selten erhalten Fibromyalgie-Patienten überdies zunächst die Diagnose Reizdarm oder Reizmagen, weil die entsprechenden Symptome auftreten: Bauchkrämpfe, Völlegefühl, Sodbrennen, Durchfall, Verstopfung oder sogar abwechselnd mal Durchfall mal Verstopfung.
Auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie eine Histaminintoleranz, Glutenintoleranz (Glutenunverträglichkeit) oder Fructoseintoleranz sind oft vorhanden ( 2 ).
Depressionen und Angstzustände
Eine Fibromyalgie kann sehr häufig auch von Ängsten und Depressionen begleitet werden – wobei man nicht sagen kann, wer wen bedingt. Mal war die Depression vor den Schmerzen da, bei anderen Patienten entwickelt sie sich erst im Laufe der Fibromyalgie, was nicht verwundert, da die Krankheit enorm belastend ist.
Blutzuckerschwankungen
Viele Fibromyalgiker leiden an Problemen mit dem Blutzuckerspiegel. Sie scheinen weit empfindlicher auf Kohlenhydrate zu reagieren als andere Menschen. Die entstehenden Blutzuckerschwankungen mit lähmenden Unterzuckerperioden führen zu Schwindel, Herzklopfen, Konzentrationsstörungen, einem wie in Watte gepackten Kopf, Nachtschweiss etc.
Allerdings können diese Symptome wiederum auch ganz andere Ursachen haben, wie z. B. einfach "nur" die bereits genannte Glutenunverträglichkeit. Denn schon manch einer mit Fibromyalgie-Diagnose ernährte sich probeweise glutenfrei und war mit einem Mal beschwerdefrei.
Viele weitere Symptome
Manche Betroffenen leiden überdies an Atembeschwerden, Reizblase, Kopf- und Gesichtsschmerzen, Tinnitus, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln in den Gliedern, trockenen Schleimhäuten, dem trockenen Auge, Vergesslichkeit, Steifigkeitsgefühlen, Schwellungen durch Wassereinlagerungen, Juckreiz, Neurodermitis, Restless Legs, starkes nächtliches Schwitzen mit völlig durchnässter Bettwäsche usw. usf.
Was bedeutet es, wenn ein Mensch auch nur an einem Teil der genannten Symptome leidet?
Er ist nicht mehr in der Lage, den Alltag zu meistern, kann häufig nicht mehr arbeiten gehen, und selbst relativ einfache Handgriffe im Haushalt scheinen kaum noch machbar. Schwindel, Erschöpfung, Vergesslichkeit und Konzentrationsstörungen führen zu einer erhöhten Unfallgefahr und dazu, dass selbst einfache – auch geistige – Aufgaben nicht mehr bewältigt werden können.
Die Diagnose – Alles andere als einfach
Besuche beim Arzt und Facharzt bleiben zu allem Unglück dann auch noch meist ohne jeden Befund. Egal, was man auch unternimmt – ob Bluttests, Röntgenuntersuchungen, MRT, CT, Endoskopien und vieles mehr – der Arzt findet nichts.
Daher gilt heutzutage die folgende Definition für Fibromyalgie:
Wenn überall Schmerzen auftreten, wenn man sich müde und erschöpft fühlt, wenn man unter vielen anderen körperlichen Beschwerden leidet, dann liegt ein Fibromyalgie-Syndrom vor, WENN sich die Beschwerden nicht anderweitig erklären lassen und wenn sie seit mehreren Monaten bestehen.
Dabei leidet in Wirklichkeit jeder Betroffene anders. Bei manchen überwiegen die psychischen Leiden, bei anderen der körperliche Schmerz, bei wieder anderen die Hochsensibilität gegenüber äusseren Reizen und bei einer weiteren Gruppe die Schwellungen in Verbindung mit Übergewicht. Manche ziehen sich völlig zurück, andere können die Krankheit gut kaschieren.
Werte, die untersucht werden können
Wer die Mühe und Kosten nicht scheut (entsprechende Analysen werden oft nicht von den Krankenkassen übernommen), kann die folgenden Werte untersuchen lassen, die bei einer Fibromyalgie oft, aber nicht immer von den Werten gesunder Menschen abweichen.
Je nach Ergebnis weiss man dann auch schon, worauf man in der darauffolgenden Therapie achten muss:
Serotonin
Bei der Fibromyalgie ist häufig der Serotoninspiegel zu niedrig.
Therapie: Maßnahmen, um den Serotoninspiegel zu erhöhen (Darmflora aufbauen, die richtigen Fette essen, Safran, Ashwagandha oder Rhodiola Rosea einnehmen etc.). Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie hier: Serotoninspiegel natürlich erhöhen
Histamin
Der Histaminspiegel ist bei Fibromyalgie hingegen häufig zu hoch.
Therapie: Massnahmen, um den Histaminspiegel zu senken, finden Sie hier: Histaminintoleranz
Unterzucker
Die Neigung zu Unterzucker zeigt sich in niedrigen Nüchternblutzucker- und Langzeitzucker-Werten. Hier gilt es zunächst nach der Ursache zu fahnden. Eine Nebennierenrindeninsuffizienz könnte daran beteiligt sein (Cortisolmangel) oder eine Schilddrüsenunterfunktion. Cortisol ist ein Stresshormon und Fibromyalgie eine Art Stresskrankheit. Verständlich, wenn bei chronischem Stress im Laufe der Zeit die Cortisolausschüttung u. U. nachlässt.
Therapie: Je nach Ursache die entsprechenden Hormonpräparate einnehmen sowie die Ernährung mit vielen kleinen Mahlzeiten ohne isolierte Kohlenhydrate so gestalten, dass nicht noch zusätzlich Blutzuckerschwankungen gefördert werden.
Insulin
Der Insulinspiegel kann erhöht sein.
Therapie: Eine gesunde Ernährungs- und Lebensweise hilft hier bei der Regulierung. Wie eine gesunde Ernährung umgesetzt wird, erfahren Sie weiter unten unter "Gesunde Ernährung ist hilfreich".
Darmflora
Die Darmflora ist gestört, was sich mit Hilfe von Darmflorastatus-Tests bestätigen lässt. Auch zeigt sich dabei gleichzeitig, ob eine Candidabelastung vorliegt, die ebenfalls Verdauungsbeschwerden bis hin zu Depressionen fördern kann.
Therapie: Sanierung der Darmflora, ggf. Massnahmen gegen Candida. Wie Sie Ihre Darmflora sanieren können, erklären wir hier: Darmflora sanieren - Die Anleitung
Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Nahrungsmittelunverträglichkeiten (z. B. Fructoseintoleranz, Glutenintoleranz, Histaminintoleranz, Laktoseintoleranz etc.) können vorliegen, so dass entsprechende Tests (teilweise im Heimtest möglich) hier Klarheit bringen können. T
Therapie: Die unverträglichen Lebensmittel meiden und die Ernährung aus gesunden verträglichen Lebensmitteln zusammenstellen, dabei die Vitalstoffversorgung nicht aus dem Auge verlieren. Bitte überdies die obigen Links verfolgen und die dort aufgeführten Massnahmen bei den entsprechenden Intoleranzen umsetzen. Bei der Glutenintoleranz wäre eine glutenfreie oder glutenarme Ernährung eine gute Idee. Weitere Informationen zur glutenfreien Ernährung finden Sie weiter unten.
Schwermetallbelastung
Eine Schadstoff- und Schwermetallbelastung (Blei, Palladium, Arsen, Quecksilber) könnte vorhanden sein, die bekanntlich zu starken Nervenschäden, hoher Stressanfälligkeit und vielen weiteren fibromyalgietypischen Symptomen führen kann. Mit Hilfe von DMPS-Tests kann eine entsprechende Belastung festgestellt werden.
Therapie: Ausleitung der Gifte/Schwermetalle. Dr. Klinghardt – Arzt und Psychokinesiologe, bekannt durch die Entwicklung von Methoden zur Behandlung von chronischen Krankheiten – sagt, er habe Hunderten von Fibromyalgie-Patienten allein durch die Ausleitung von Schwermetallen geholfen. Suchen Sie dazu am besten einen Arzt auf, der im Bereich Umweltmedizin spezialisiert ist.
Pfeiffersches Drüsenfieber und Borreliose
Das Pfeiffersche Drüsenfieber und Borreliose können zu Symptomen führen, die an die Fibromyalgie erinnern oder aber auch gemeinsam mit dieser auftreten. Daher beide Krankheiten überprüfen bzw. ausschließen lassen.
Antioxidantien
Die Werte der körpereigenen Antioxidantien sind niedrig.
Therapie: Einnahme von Antioxidantien (Astaxanthin, OPC, Safran, Aroniasaft etc.) und Verzehr antioxidantienreicher Ernährung.
Vitalstoffe
Die Spiegel der Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine und Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren) zeigen mögliche Mängel (am besten im Vollblut analysieren lassen, da Mängel oft weniger im Serum feststellbar).
Therapie: Vitalstoffversorgung optimieren, sowohl über die Ernährung als auch mit Hilfe von Nahrungsergänzungsmitteln.
Hormonspiegel
Eine Analyse des Hormonspiegels zeigt meist ebenfalls Ungleichgewichte: Bei Frauen kann z. B. eine Östrogendominanz vorliegen. Auch Cortisol sollte überprüft werden sowie natürlich die Schilddrüsenwerte (siehe Punkt "Unterzucker" weiter oben).
Therapie: Bei Östrogendominanz mit naturidentischen Hormonen supplementieren bzw. ausgleichen.
Hyaluronsäure
Vor 20 Jahren stellte eine israelische Forschergruppe fest, dass bei Fibromyalgie-Patienten ein über acht Mal so hoher Hyaluronsäure-Serumspiegel als bei Gesunden vorliegt und ein immer noch fast vier Mal so hoher Hyaluronsäurespiegel als bei Rheumapatienten. Hyaluronsäure ist ein wichtiger Bestandteil des Bindegewebes, wird also vom Körper selbst hergestellt. Warum der Spiegel bei Fibromyalgie steigt, weiss man nicht genau und geht – wie so oft – von unterschiedlichen Ursachen und Möglichkeiten aus.
Therapie: Offenbar sollen höhere Vitamin-C-Dosen den Hyaluronspiegel senken können, was jedoch mit einem Therapeuten besprochen werden sollte. Denn es ist absolut denkbar, dass der Hyaluronspiegel von allein wieder sinken wird, wenn all die anderen Massnahmen durchgeführt werden und der Organismus auf diese Weise wieder in sein Gleichgewicht findet.
Die möglichen Ursachen
Die Schulmedizin ist normalerweise völlig überfordert, wenn es um mögliche Ursachen der Fibromyalgie geht. Und so spricht man von vorerst einer "Störung der Schmerzverarbeitung“. Ja, diese soll gleich auf mehreren Ebenen "gestört" sein – warum und wieso ist jedoch wieder unklar.
Nun könnte man anhand der obigen möglichen Diagnosekriterien natürlich sagen, dass die Ursachen doch auf der Hand liegen: Der niedrige Serotoninspiegel ist die Ursache, der erhöhte Histaminspiegel, der Unterzucker, die Darmflorastörung usw. Das kann teilweise durchaus sein, z. B. in Bezug auf die Schwermetallbelastung (z.B. Amalgamfüllungen).
Doch kann es ebenso sein, dass viele dieser veränderten Werte und Zustände keine Ursachen sind, sondern ebenfalls einfach nur Symptome der Fibromyalgie und somit Folgen eines ganz anderen Problems.
In Wirklichkeit nämlich scheint die Erkrankung eine im Grunde natürliche Folge der bisherigen Lebenserfahrung des betreffenden Menschen zu sein. Überwiegen im Verlauf des Lebens die schädigenden Einflüsse, während die schützenden eher selten erfahren wurden, dann kann sich – bei entsprechender Neigung – eine Fibromyalgie entwickeln.
Dr. med. Thomas Weiss erklärt in seinem Buch "Kursbuch" genau diese Zusammenhänge sehr einleuchtend. Er zeigt, wie es zu den vielfältigen und oft unerklärlichen Symptomen kommen kann – und zwar so gut, dass entsprechende Patienten damit aufhören können, sich über ihre Krankheit zu wundern oder sich zu ängstigen ( 3 ).
Endlich versteht man sich und den eigenen Körper wieder, was schon allein eine enorme Erleichterung und Entspannung ist und damit auch eine erste Linderung mit sich bringt.
Das Anti-Stress-Gen - bei Fibromyalgie inaktiv
Es gibt da das sog. Anti-Stress-Gen. Es ist nicht bei jedem Menschen gleichermaßen aktiv. Geht es dem Baby nach der Geburt gut, fühlt es sich geborgen und beschützt, dann wird das Anti-Stress-Gen aktiv. Ein entspannter Mensch entwickelt sich, der sich wohl in der Welt fühlt und auch mit so manchem Unbill im späteren Leben gut zurechtkommt.
Wenn aber in der Kindheit eben nicht die erforderliche Geborgenheit erlebt wird, dann wird das Anti-Stress-Gen nicht aktiviert. Dies ist bei traumatisierten Menschen der Fall, wobei ein Trauma nicht unbedingt eine furchtbare Misshandlung bedeuten muss.
Für ein Baby ist schon die von manchen Eltern praktizierte "Getrennthaltung" des Kindes Grund genug für ein Trauma. "Getrennthaltung" bedeutet, wenn das Neugeborene allein im Kinderzimmer schlafen muss, wenn man es schreien lässt, um ihm rechtzeitig einen bestimmten Zeitplan anzuerziehen, wenn man ihm nicht die Liebe und körperliche Nähe gibt, die das Baby so dringend braucht, dann bedeutet dies für das Baby immer wieder aufs Neue nur eines: Todesgefahr.
Ein Baby weiß nicht, dass es in der modernen Welt in einem sicheren Zimmer liegt. Es glaubt (instinktiv), dass – wie in alten Zeiten – überall wilde Tiere und andere Gefahren lauern können.
Ist es allein, dann besteht die Gefahr, gefressen zu werden – oder aber auch zu verhungern. Denn Alleinsein geschah in der Steinzeit nur dann, wenn den Eltern etwas zugestoßen war. Das Trauma ist da.
Liegt jetzt auch noch eine bestimmte genetische Veranlagung für eine erhöhte Empfindlichkeit vor, dann entwickeln sich aus diesen Kindern hochsensible Menschen, die überall in ihrer Umwelt Bedrohungen wittern – auch dann, wenn es völlig harmlose Geräusche, Gerüche, Stimmen oder Temperaturen sind.
Das Nervensystem wird hochsensibel
Das Nervensystem befindet sich bei der Fibromyalgie in einem Zustand höchster Alarmbereitschaft. Das Nervensystem ist derart sensibel geworden, dass es zu einer gesteigerten Sinneswahrnehmung kommt und man alltägliche Signale und Reize als Gefahr interpretiert.
Das Nervensystem verhält sich, als würde man gerade mutterseelenallein eine Nachtwanderung durch den papua-neuguineischen Urwald unternehmen. Hinter jedem Busch könnte in jedem Augenblick ein hungriger Jaguar oder Kannibale hervorspringen. Jedes noch so winzige Knacken im Unterholz, jedes kleinste Rauchmolekül in der Luft (Kochfeuer der Kannibalen), jedes noch so entfernte Fauchen von Raubtieren – alles wird aufgenommen und als mögliche Gefahr gewertet. Denn in der Wildnis kann schon das Übersehen einer Kleinigkeit tödlich sein.
In der Wildnis ist diese gesteigerte Sinneswahrnehmung und permanente Alarmbereitschaft überlebenswichtig und daher gut. Im Alltag einer behüteten Zivilisationsgesellschaft aber ist sie nicht erforderlich. Daher gibt es normalerweise in jedem Menschen einen Filter.
Er filtert viele Aussenreize einfach aus, da er sie richtigerweise als ungefährlich einschätzt und ausblendet, z. B. die Spielgeräusche der Nachbarskinder, die Unterhaltung der Kollegen, das Brummen des Kühlschranks, Verkehrsgeräusche etc.
Bei der Fibromyalgie funktioniert dieser Filter aber oft nicht mehr zuverlässig.
Das Nervensystem verhält sich, als wäre der Betreffende jetzt dauerhaft in den papua-neuguineischen Dschungel gezogen und schwebe nahezu dauerhaft in Lebensgefahr. Es kann nicht mehr unterscheiden, welche Reize nun wichtig sind und welche zu vernachlässigen sind.
Er sieht folglich überall eine Gefahr – ob es nun warm, kalt, feucht, trocken oder laut ist, ob Gerüche da sind oder winzige Geräusche. Gleichzeitig sinkt die Schmerzgrenze und Fibromyalgie-Schmerzen tauchen auf.
Dann richtet der Betroffene seine Aufmerksamkeit auf die Schmerzen und beginnt, sich zu schonen. Das aber lässt seine Schmerzanfälligkeit noch weiter steigen – was natürlich nicht über Nacht geschieht, sondern über viele Monate und Jahre hinweg.
Erlebt jemand nun eine Kindheit, in der er Geborgenheit und Verständnis vermisste, dann aber im Laufe der Zeit beispielsweise bei der Grossmutter, bei Freunden, im Berufsalltag, in der Partnerschaft, in tiefem Glauben oder wo auch immer jene Geborgenheit findet, die ihm einst so schmerzlich fehlte, dann kann jederzeit das Anti-Stress-Gen aktiviert werden und dem Menschen geht es – trotz ungünstiger Kindheit – wieder recht gut.
Das Anti-Stress-Gen kann jedoch genauso im späteren Leben (wieder) inaktiviert werden, nämlich dann, wenn schwere Lebenskrisen das Dasein erschüttern, z. B. Verlust oder Krankheit des Partners oder des Kindes, Verlust der Arbeit, der materiellen Sicherheit oder mehrere dieser Schicksalsschläge gar auf einmal. Oft gehen Erlebnisse wie diese mit einer extremen seelischen und körperlichen Überlastung einher, die dann ebenfalls zur beschriebenen Dauerwachsamkeit und Hochsensibilität des Nervensystems führen kann.
Schmerz ist nicht gleich Schmerz
Selbst die Art, wie ein Mensch Schmerz empfindet, ist unterschiedlich. Ein und demselben Schmerz kann grosse Aufmerksamkeit entgegengebracht werden oder er kann fast ganz ignoriert werden. Es hängt immer von den entsprechenden Erfahrungen und Gedanken des betreffenden Menschen ab und davon, in welchem Zusammenhang der Schmerz auftritt.
Halsschmerzen beachten manche Menschen kaum. Ist ja nur eine Erkältung, geht vorüber und gehört daher ein bis zwei Mal zum Winter eben dazu. Einem anderen Menschen aber hat der Vater einst erzählt:
Bei meinem Herzinfarkt hatte ich Halsschmerzen. Folglich denkt dieser Mensch bei jeder sich anbahnenden Erkältung zunächst an einen Herzinfarkt und leidet viel stärker unter den Halsschmerzen. Der Satz des Vaters hatte die Tochter oder den Sohn enorm erschreckt, so dass Halsschmerzen ab sofort eine Bedrohung darstellen.
Viele Fibromyalgie-Patienten machen daher schlimme Ängste durch, wenn sie die vielfältigen Schmerzen spüren, da sie akute und lebensbedrohliche Krankheiten dahinter vermuten. Folglich verbringen sie nicht selten viele, viele Stunden in den unterschiedlichsten Facharztkliniken in der Erwartung sicher gleich zu erfahren, dass sie nur noch 4 Wochen zu leben haben – was aber nicht eintritt, da bekanntlich nichts gefunden wird. Die Angst aber bleibt und begleitet einen Tag für Tag, Nacht für Nacht.
Wenn Schmerz mit Liebe in Verbindung gebracht wird
Gerade bei den hochsensiblen Menschen kommt noch ein anderer Aspekt hinzu. Wenn sie wie oben beschrieben in der Kindheit im Allgemeinen nur wenig Zuneigung erhielten, sich die Mutter aber ausnahmsweise besonders liebevoll um das Kind kümmerte, wenn dieses einmal krank war, dann lernte das Kind im Laufe der Zeit, dass es nur bei Krankheit und Schmerz Liebe gibt.
Dies bedeutet nun nicht, dass sich Fibromyalgie-Menschen Schmerzen wünschen, um sich damit eine verstärkte Zuneigung und Aufmerksamkeit des Partners oder anderen Nahestehenden zu sichern.
Es bedeutet lediglich, dass Menschen, die derartige Erfahrungen machten, natürlich viel sensibler auf Schmerzen reagieren und diese sehr früher und intensiver wahrnehmen als andere Menschen.
In einer Untersuchung, die Dr. Weiss in seinem o. g. Buch beschreibt, stellte man übrigens fest, dass es Fibromyalgie-Patientinnen am besten ging, wenn sie sich mit dem Partner die Arbeiten im Haushalt teilen konnten.
Gar nicht gut ging es Ihnen, wenn die Partner nichts taten, ihnen nicht einmal bei schwierigen Aufgaben, wie z. B. dem Fenster putzen zur Hand gingen. Genauso schlecht ging es ihnen jedoch, wenn die Partner alles taten, bei jedem Piep aufsprangen und ihnen jede noch so kleine Arbeit abnahmen.
Fibromyalgie ist daher nicht Ausdruck des versteckten Wunsches, bald gar nichts mehr tun zu müssen, sondern eher die Sehnsucht nach Respekt, Verständnis, Rückhalt und echter Partnerschaft.
*Das empfehlenswerte "Kursbuch Fibromyalgie" von Dr. med. Thomas Weiss finden Sie hier unter diesem Link.
Wenn Hochsensibilität erschöpft
Wer nun ständig in hochgradiger Alarmbereitschaft lebt, gleichzeitig aber kaum Schlaf findet, fällt früher oder später in einen Zustand grosser Erschöpfung. Dann jedoch geht einem erst recht alles auf die Nerven: Geräusche, Lärm, das Stimmengewirr anderer Menschen, Hupen auf der Strasse, von Festen ganz zu schweigen.
Die Stressanfälligkeit steigt weiter, die Schmerzgrenze fällt noch tiefer. Die Leistungsfähigkeit sinkt, an Konzentration ist nicht zu denken. Schliesslich pendelt man nur noch zwischen Bett und Sofa.
Die Hochsensibilität springt jetzt im Körper von einem Ort zum nächsten. Verständlich, wenn ein hochsensibler Darm mit Reizdarmsymptomen reagiert, eine hochsensible Blase plötzlich zur Reizblase wird oder sich im hochsensiblen Gehirn Ängste und Depressionen bilden.
Was also wäre eine tatsächlich ursächliche Therapie bei Fibromyalgie? Richtig! Die viel zu niedrige Reizschwelle müsste wieder angehoben werden. Das hochsensible Nervensystem wieder beruhigt werden. Und genau das ist auch das Ziel einer ganzheitlichen Therapie.
Hierbei werden mehrere Methoden (ganz besonders Selbsthilfemethoden) miteinander verknüpft, wobei begleitend – wenn erforderlich – und vorübergehend durchaus auch schulmedizinische Medikamente eingesetzt werden können. Was aber macht die Schulmedizin?
Fibromyalgie – Was macht die Schulmedizin?
Über die schulmedizinische Therapie bei Fibromyalgie müssen kaum Worte verloren werden – derart unbefriedigend ist sie in den meisten Fällen. Es werden rein symptomatische Medikamente verordnet, also Schmerzmittel (oft mehrere gleichzeitig), Antidepressiva (die zwar als Mittel der ersten Wahl gelten, aber nur bei jedem dritten Patienten wirken) und in den USA zusätzlich Pregabalin (Handelsname Lyrica).
Letzteres ist eigentlich ein Mittel gegen starke neuropathische Schmerzen (Polyneuropathie), Angststörungen und epileptische Anfälle. Damit es bei all diesen Problemen helfen kann, muss es eine stark sedierende (beruhigende) Wirkung haben – und genau die hat das Mittel auch.
Folglich verwundern die Nebenwirkungen nicht besonders. Die häufigsten sind: Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit bis zum Trunkenheitsgefühl, Sehstörungen (verschwommen oder doppelt sehen), Ödeme, Erektionsstörungen, Übelkeit, Gewichtszunahme und zur Krönung ein starkes Abhängigkeitspotential, so dass beim Absetzen schwere Entzugserscheinungen auftreten können.
Allerdings wird in neuerer Zeit zur sog. multimodalen Therapie geraten, was bedeutet, dass der Arzt seinem Fibromyalgie-Patienten – ggf. zusätzlich zur Medikation –
- mindestens 1 körperlich aktivierendes Verfahren (Ausdauertraining wie Walking, Tanzen oder Radfahren oder meditative Bewegungstherapien wie Tai Chi oder Yoga – 2 bis 3 Mal wöchentlich für jeweils 30 Minuten) ( 4 ) ( 5 )
- und mindestens 1 psychotherapeutisches Verfahren nahelegen sollte.
Besonders vielversprechend klingt dieses Konzept nicht, so dass eigenständiges Weiterforschen von Seiten der Betroffenen äusserst empfehlenswert ist.
Fibromyalgie und Guaifenesin
Eine interessante Hypothese stellt jene von Professor St. Amand dar – ein mittlerweile emeritierter Professor für Endokrinologie der University of California (UCLA). Er glaubt, dass es sich bei Fibromyalgie um eine Stoffwechselstörung handelt ( 6 ).
Sie entstehe infolge eines Gendefekts, der verhindere, dass Phosphatüberschüsse ausgeschieden werden. Diese würden sich nun im Gewebe einlagern und zu den typischen Fibromyalgie-Schmerzen führen. Guaifenesin – eigentlich ein Medikament gegen Husten – kann den Phosphatstoffwechsel regulieren und soll in überschaubarem Zeitraum die Krankheit beseitigen können.
*Hier finden Sie das Buch von Professor R. Paul St. Amand "Fibromyalgie: Die revolutionäre Behandlungsmethode, durch die man vollständig von Beschwerden frei werden kann".
Guaifenesin hilft auch tatsächlich vielen Betroffenen, aber nicht allen. Bei manchen werden die Symptome nur gelindert, verschwinden aber mit Guaifenesin nicht ganz. Bei anderen ändert sich trotz Guaifenesineinnahme nichts. Nun könnte es sich einfach um verschiedene Krankheiten handeln, die sich mit einer ähnlichen Symptomatik äussern. Bei der einen liegt St. Amands Gendefekt vor, bei der anderen ist es eher der von Dr. Weiss besprochene Zusammenhang.
Zu viel ist noch unbekannt, so dass jeder Betroffene durch Eigenbeobachtung, Experimente und Recherchieren den höchstpersönlichen Weg der Besserung finden muss. Betroffene können in jedem Fall in Absprache mit ihrem Arzt einen Guaifenesin-Versuch unternehmen und beobachten, was geschieht. Wir haben darüber hier berichtet: Fibromyalgie – Ist Guaifenesin die Lösung?
Bei Fibromyalgie ganzheitlich denken
Die ganzheitliche Therapie bei Fibromyalgie hat verschiedene Ziele. Wenn wir davon ausgehen, dass die Hochsensibilität des Nervensystems die Hauptursache ist, dann lautet ein Ziel, diese Hochsensibilität zu beruhigen, die Schmerzgrenze zu erhöhen und die Schmerzwahrnehmung zu mindern.
Das jedoch klappt nicht von heute auf morgen. Daher geht man auch aus ganzheitlicher Sicht auf die Symptome der Fibromyalgie ein und versucht diese zu lindern.
Auch ist zu berücksichtigen, dass viele der sog. Symptome gar keine Symptome sind, sondern eigenständige Krankheiten oder Beschwerden, die sich einfach deshalb entwickeln konnten, weil der Fibromyalgiker so empfindlich wurde und sich infolge chronischen Stresses sein Immunsystem in immer schwächerer Position befand.
Das mag auch der Grund dafür sein, dass jeder Betroffene andere Symptome zeigt. Schliesslich bestehen bei jedem Menschen andere Schwachstellen und daher auch die Neigung zu anderen Krankheiten.
Die ganzheitliche Therapie bei Fibromyalgie will also:
- Den Körper stärken, damit er weniger anfällig für (weitere) Beschwerden aller Art wird,
- die vorhandenen Einzelbeschwerden lindern bzw. beseitigen (Informationen zu Massnahmen beim Reizdarm, bei Unverträglichkeiten, bei Schlafstörungen, bei Depressionen etc. finden Sie unter den jeweiligen Suchworten auf unserer Seite) und langfristig die Hochsensibilität des Nervensystems beruhigen.
Alle drei Ziele können mit den folgenden Massnahmen langsam aber sicher erreicht werden ( 3 ) ( 7 ) ( 8 ) ( 9 ):
1. Vitamin D
An allererster Stelle sollte die allgemeine Nähr- und Vitalstoffversorgung überprüft werden, damit mögliche Mängel behoben werden können. Nähr- und Vitalstoffmängel schwächen den Organismus nicht nur, so dass sich immer noch mehr Symptome und Beschwerden entwickeln können.
Mängel begünstigen nicht selten überhaupt erst die Entstehung der Fibromyalgie – wie dies nachweislich beim Vitamin D der Fall ist.
Aus Studien weiß man, dass Fibromyalgie-Patienten einen viel niedrigeren Vitamin-D-Spiegel besitzen – und zwar nicht nur als Gesunde, sondern auch als Arthritis-Kranke, die ja meist ebenfalls schon einen zu niedrigen Wert aufweisen ( 10 ).
Eine Vitamin-D-Supplementierung hingegen konnte in einer Wiener Studie fibromyalgiebedingte Schmerzen und Müdigkeit merklich bessern. In einer türkischen Studie zeigte sich wiederum, dass Patienten umso intensivere Schmerzen hatten, je stärker ausgeprägt ihr Vitamin-D-Mangel war. Details dazu finden Sie hier: Vitamin D lindert Fibromyalgie-Schmerzen
Lesen Sie hier, wie Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel bestimmen und die für Sie passende Vitamin-D-Dosis berechnen können. Anschliessend können Sie das für Sie ideale Vitamin-D-Präparat wählen: Vitamin D - Die richtige Einnahme
2. Magnesiummalat
Auch Magnesium ist ein Mineralstoff, der bei Fibromyalgie oft dringend erforderlich ist, umso mehr natürlich, wenn sogar ein konkreter Magnesiummangel vorliegt. Da bei der Fibromyalgie zudem ein eindeutiger Energiemangel besteht, wird häufig empfohlen, Magnesium in Form von Magnesiummalat einzunehmen ( 11 ). Die Hintergründe dazu haben wir hier erklärt: Die besten Magnesiumpräparate und ihre Einsatzgebiete
3. Calcium, Eisen und Co.
Andere Mineralstoffe wie Calcium, Eisen und Mangan sollen bei Fibromyalgikern ebenfalls oft nicht in ausreichend hohen Spiegeln vorliegen, so dass auch die aktuelle Versorgung mit diesen Mineralien gründlich überprüft werden sollte ( 12 ).
Vermutet man einen Mangel oder stellt sich ein solcher bei einer Blutanalyse heraus, kann man entweder die Ernährung entsprechend verändern oder das fehlende Mineral über Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen.
4. Vitamin B12
Die B-Vitamine und hier besonders das Vitamin B12 verdienen bei Fibromyalgie ebenfalls eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Die B-Vitamine sind u. a. für eine ordnungsgemässe Nervenfunktion zuständig und so verwundert es nicht, dass sich ein Vitamin-B-Mangel häufig darin zeigt, dass man Stress nicht gut erträgt, sich leicht aufregt, extrem zart besaitet scheint und auch gerne zu Depressionen neigt, was alles ziemlich an Fibromyalgie erinnert.
Die Einnahme eines Vitamin-B-Komplexes ist bei Fibromyalgie daher eine gute Idee – zumal sich auch nicht selten ein ganz konkreter B12-Mangel aufspüren lässt.
In einer schwedischen Studie von 2015 brachte Vitamin B12 (gemeinsam mit Folsäure) Fibromyalgie-Betroffenen eine umso größere Verbesserung der Beschwerden, je länger und regelmäßiger sie das Vitamin nahmen, je höher die Dosen waren, je besser ihre Schilddrüse eingestellt war und je weniger Schmerzmittel bzw. Pregabalin sie nahmen ( 13 ).
5. Gesunde Ernährung ist hilfreich
Schon die vorigen drei Punkte zeigen, dass eine gesunde Ernährung, die ja automatisch zu einer optimalen Vitalstoffversorgung führt, bei der Krankheit unverzichtbar ist und enorme Verbesserungen der Symptome mit sich bringen kann ( 14 ).
Eine gesunde Ernährung ist überdies frei von Zucker – der bei Fibromyalgie häufig zu einer Verschlechterung führen kann. Was jedoch nun konkret beim einen zu einer Verbesserung und beim anderen zu einer Verschlimmerung führen kann, muss jeder selbst durch Versuche mit der eigenen Ernährung selbst herausfinden. Denn jeder Fibromyalgiker ist hier anders. Beim einen gehen Milchprodukte gar nicht, beim anderen sehr wohl, der eine erlebt massive Besserungen, wenn er endlich den Kaffee (auch koffeinfreien!) weglässt, der andere kann problemlos ein oder zwei Tassen pro Tag trinken.
Dem einen geht’s besser, wenn er möglichst wenig Fructose zu sich nimmt, dem anderen, wenn er Vollkornprodukte reduziert und dem dritten, wenn er Weizen meidet. Natürlich sollten die grundsätzlichen Richtlinien einer gesunden Ernährung eingehalten werden, wie z. B. das Meiden von Fertiggerichten, Alkohol und Zucker, das tägliche Trinken von viel Wasser und die Wahl hochwertiger Lebensmittel (kalt gepresste Öle und Fette, frisches Gemüse statt Konserven, Dünsten statt Kochen usw.).
Auch Studien haben längst bestätigt, dass die Ernährung bei der Fibromyalgie einen enormen Einfluss hat, wie z. B. die Low Carb Ernährung (kohlenhydratarm) oder auch die glutenfreie Ernährung. ( 15 ). Hier finden Sie beispielsweise gesunde Low-Carb Rezepte.
6. Glutenfreie Ernährung
Gluten kann bei manchen Menschen Symptome auslösen, die an Fibromyalgie erinnern. Es kann sich daher lohnen, über einen Zeitraum von 1 bis 3 Monaten einmal glutenfrei zu leben. Oft tritt daraufhin eine Besserung ein – schon allein deshalb, weil Gluten den Darm enorm belasten kann, und der Darm bei Fibromyalgie ja ebenfalls meist stark in Mitleidenschaft gezogen ist ( 15 ).
Wie eine glutenfreie Ernährung einfach umgesetzt werden kann, lesen Sie im Link unter 5. sowie hier: Glutenfreie Ernährung - aber richtig
7. Meiden Sie Glutamat und Aspartam
Obwohl immer wieder als harmlos abgetan, sind die zwei Lebensmittelzusatzstoffe Glutamat und Aspartam bei Fibromyalgie keineswegs harmlos. In Studien hat sich gezeigt, dass der Geschmacksverstärker Glutamat (Mononatriumglutamat) nicht nur den Geschmack verstärken kann, sondern auch die Symptome der Fibromyalgie ( 15 ).
In einer Untersuchung der Oregon Health & Science University, Portland/Oregon aus dem Jahr 2012 nahmen 65 Fibromyalgie-Patienten teil, die zeitgleich Reizdarm-Symptome hatten. Sie mieden vier Wochen lang Glutamat und Aspartam. Nur 37 hielten diese Diät konsequent durch.
Davon jedoch berichteten 84 Prozent, dass mehr als 30 Prozent ihrer Symptome verschwunden waren. Diese Teilnehmer nun teilte man in zwei Gruppen ein: Eine Gruppe erhielt in den nächsten zwei Wochen Glutamat ins Essen, die andere ein Placebo.
In der Glutamat-Gruppe kehrten die Symptome, die sich zuvor so gut gebessert hatten, mit voller Kraft zurück. In der Placebogruppe hingegen blieb alles weiterhin bestens ( 16 ).
Eine weitere Studie liegt aus dem Jahr 2001 vor. Wissenschaftler aus Florida untersuchten vier Fibromyalgie-Patienten, die alle bereits vielfältige Therapien hinter sich hatten, ohne dass sich daraus ein besonderer Erfolg ergeben hätte ( 17 ).
Als diese Patienten jedoch Glutamat und Aspartam aus ihrer Ernährung strichen, erlebten sie innerhalb von einigen Monaten eine vollständige oder fast vollständige Beseitigung ihrer Symptome. Sobald aber wieder Glutamat gegessen wurde, kehrten die Symptome zurück ( 17 ).
Glutamat wird vielen Fertiggerichten zugefügt. Sie erkennen Geschmacksverstärker in der Deklaration an einer E-Nummer mit einer 6, z. B. 621 für Mononatriumglutamat.
Denken Sie jedoch auch daran, dass Geschmacksverstärker in hohen Konzentrationen auch in Produkten enthalten sein können, die als gesund gelten, z. B. in Hefeflocken, Würzmitteln auf Hefebasis, pflanzlichen Brotaufstrichen aus Nährhefe etc.
Weitere Informationen zu Glutamat finden Sie beispielsweise hier: Geschmacksverstärker Glutamat
8. Vibrationstraining
Bewegung gehört selbstverständlich ebenfalls zum ganzheitlichen Programm bei Fibromyalgie. Vielleicht wäre für manchen Fibromyalgiker das Vibrationstraining eine gute Sache.
In einer Pilotstudie der Indiana University aus dem Jahr 2014 zeigte sich jedenfalls, dass Vibrationstraining, das den gesamten Körper mit einbezieht, Fibromyalgie-Schmerzen reduzierte und die Lebensqualität der Betroffenen verbesserte ( 18 ).
Im Allgemeinen aber gestaltet sich die Sache mit dem Tipp nach viel Bewegung als schwierig. Die meisten Betroffenen haben ihr Bewegungspensum aufgrund der Schmerzen immer weiter reduziert.
Je weniger man sich aber bewegt, umso schneller nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit ab.
Wer sich nun aber ins Fitness-Studio aufrafft oder sich einen Hometrainer, ein Rudergerät oder was auch immer zulegt, gelangt schnell in den Bereich der Überforderung. Die Schmerzgrenze ist bekanntlich sehr niedrig und das Nervensystem ist hochsensibel.
Wird jetzt hochmotiviert los trainiert, dann ist genau das häufig schon zu viel des Guten und starke Schmerzen stellen sich ein. Es kommt zur massiven Überstimulation und damit zu einer Verschlimmerung der Problematik – die übrigens auch nicht nachlässt, wenn man wochenlang durchhält, in der Hoffnung, das alles sei eben nur ein Muskelkater.
Oft entscheidet sich der Betroffene dann irgendwann für das komplette Gegenteil und schont sich ab sofort, indem er oder sie am liebsten auf dem Sofa sitzen oder liegen bleibt. Und tatsächlich, dabei geht es deutlich besser.
Schonung und das Vermeiden von Reizen sorgen jetzt aber wieder dafür, dass die Reizschwelle und die Schmerzgrenze im Laufe der Zeit noch weiter sinken. Auch Übergewicht stellt sich nicht selten ein, das ebenfalls ein Risikofaktor für eine Verschlimmerung der Symptome bedeutet.
Also scheinen weder Aktivität noch Schonung eine Lösung darzustellen.
Deshalb ist es jetzt an der Zeit, sich dem Hauptziel der ganzheitlichen Therapie zu widmen: Der Erhöhung der Reizschwelle und der Linderung der nervlichen Hochsensibilität.
9. Reizschwelle senken
Zur Erreichung dieses Ziels muss der Fibromyalgiker möglichst oft die Erfahrung machen, dass ihm Reize, die er bislang als Gefahr wahrgenommen hat, in Wirklichkeit nützen und gut tun. Mit einem Teil der Reize gelingt dies recht einfach, z. B. Wärme (warme Bäder) oder Berührung (sanfte Massagen).
Bei anderen Reizen kann man an einer Art Desensibilisierung arbeiten, also versuchen, immer mehr vom entsprechenden Reiz zu ertragen und sich daran zu gewöhnen, ohne dass der Reiz stört. Wenn man dies bewusst trainiert, kann langsam Entspannung eintreten und die Wachsamkeit nachlassen.
Entspannung der Muskulatur
Zuvor jedoch sollte bereits eine gewisse Grundentspannung da sein, denn je entspannter ein Körper ist, umso weniger ist es ihm möglich, sich zu ängstigen, nervös oder depressiv zu werden. Daher ist es äusserst wichtig, eine Entspannungstechnik zu erlernen, ganz besonders die progressive Muskelentspannung nach Jacobson, die genau dort ansetzt, wo es bei der Fibromyalgie Probleme gibt.
Die Muskulatur des gesamten Körpers wird hier im Laufe der Übungen tief entspannt. Dadurch beruhigen sich nicht nur die Glieder, sondern auch die inneren Organe, wie z. B. ein gereizter Darm oder eine gereizte Blase. Gleichzeitig werden Schlafschwierigkeiten immer kleiner und seltener.
Anschliessend schreitet man zum Reizschwellen-Anhebungs- bzw. Desensibilisierungs-Training.
Desensibilisierungstraining
Wer beispielsweise unter einer Lärmempfindlichkeit leidet, wird nicht selten die absolute Stille lieben. Je mehr er sich aber in absoluter Stille aufhält, umso mehr stört ihn das kleinste Geräusch.
Daher ist es besser, sich immer wieder bewusst Geräuschen auszusetzen, sich schöne Musik auszusuchen oder für eine anderweitige Hintergrundgeräuschkulisse sorgen (Wasserplätschern, Vogelgezwitscher o. ä.) und sich dann auch regelmässig in Regionen begeben, in denen die ungeliebten Geräusche vorherrschen (Bahnhöfe, Innenstadt, Restaurant etc.).
Wer an Wärme- und Kälteempfindlichkeit leidet, testet Wechselduschen, Sauna mit anschliessendem Kaltduschen oder geht ab und zu im Winter für einige Minuten nur leicht bekleidet hinaus, bewegt sich dabei ordentlich und kehrt wieder ins warme Haus zurück.
Therapeuten bieten für das Warm-Kalt-Training auch den Wechsel zwischen Infrarot- und Kältekammern an. Der Temperaturunterschied beträgt hier 160 Grad – in der einen Kammer plus 80 Grad, in der anderen minus 80 Grad.
Bei anderen Überempfindlichkeiten geht man ganz ähnlich vor. Manche Therapeuten bieten im Rahmen der multimodalen Fibromyalgie-Therapie Desensibilisierungen in den Praxisräumen an, so dass man dort sogar die Geruchsempfindlichkeit trainieren kann, ohne die eigene Wohnung entsprechend "aromatisieren" zu müssen.
Die Begleitung eines Therapeuten ist natürlich noch aus anderen Gründen sehr angenehm, da er motiviert und hilft durchzuhalten.
10. D-Ribose versorgt mit Energie und lindert Schmerzen
In einer kleinen Studie zeigte sich der Einfachzucker D-Ribose als hilfreich bei Fibromyalgie und auch beim Chronischen Erschöpfungssyndrom, so dass sich ein Versuch mit der Ribose lohnen könnte.
In unseren Zellen ist Energie in Form von ATP (Adenosintriphosphat) gespeichert. Ribose nun ist ein Baustein von ATP, kann daher die ATP-Bildung beschleunigen und auf diese Weise Energiemangel beheben. Gerade chronische Schmerzen werden oft mit einem Energiemangel auf Zellebene in Verbindung gebracht, was die positive Wirkung der D-Ribose bei chronischen Schmerzkrankheiten, wie der Fibromyalgie erklären könnte.
Ist die Fibromyalgie vielleicht in Wirklichkeit ein Mastzellaktivierungssyndrom?
Inzwischen wird vermutet, dass manche Patienten mit Fibromyalgie-Diagnose gar keine Fibromyalgie haben, sondern das sog. Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), das ganz ähnliche Symptome hat. Das Mastzellaktivierungssyndrom kann relativ leicht diagnostiziert werden, natürlich nur, wenn man weiss, dass es das Mastzellaktivierungssyndrom gibt und man gezielt danach sucht.
Sollte die Diagnose positiv verlaufen, dann kann das Mastzellaktivierungssyndrom mit relativ einfachen Massnahmen so behandelt werden, dass die Symptome schnell nachlassen. Lassen Sie daher überprüfen, ob bei Ihnen vielleicht in Wirklichkeit das Mastzellaktivierungssyndrom vorliegt. Weitere Informationen dazu finden Sie hier: Das Mastzellaktivierungssyndrom
Ist Fibromyalgie eine Autoimmunerkrankung?
Mittlerweile (2022) vermutet man ausserdem, dass es sich bei der Fibromyalgie um eine Autoimmunerkrankung handeln könnte. Doch auch Autoimmunprozesse entstehen natürlich nicht einfach so, sondern haben ebenfalls ihre Ursachen. Die ganzheitliche Therapie bei Autoimmunerkrankungen stellen wir unter vorigem Link vor. Dort sehen Sie, dass die hier bei der Fibromyalgie vorgestellten Maßnahmen sehr den Massnahmen ähneln, die auch bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden - was ganz einfach daran liegt, dass es aus ganzheitlicher Sicht immer wieder dieselben Faktoren sind, die es abzuklären gilt, um den Organismus wieder in die Lage zu versetzen, eigenständig sein gesundes Gleichgewicht wieder zu finden.
Fibromyalgie als mögliche Impffolge
In einer israelischen Studie von 2014 ergab sich, dass das Chronische Erschöpfungssyndrom und Fibromyalgie auch die Folgen einer Hepatitis-B-Impfung sein könnten –- ausgelöst durch die Impfstoffadjuvantien, also die in den Impfstoffen enthaltenen Zusätzen, wie etwa Aluminiumhydroxid. Damit würde die Fibromyalgie zu den sog. ASIA gehören, zu den von Impfstoffen ausgelösten Autoimmunerkrankungen. ASIA steht für Autoimmune (auto-inflammatory) Syndromes Induced by Adjuvants ( 19 ).
Sie finden hier eine Liste mit den Aluminiumgehalten in Hepatitis-B-Impfstoffen, aber auch in anderen Impfstoffen und können sich so jene aussuchen (wenn Sie sich impfen lassen möchten), die den geringsten Aluminiumgehalt aufweisen.
Fibromyalgie ganzheitlich und natürlich lindern
Selbstverständlich können neben den vorgestellten ganzheitlichen und natürlichen Massnahmen bei Fibromyalgie noch viele andere Therapien und Möglichkeiten ausgeschöpft werden, auch ganz einfache Dinge sind willkommen, Hauptsache, sie tun gut, beruhigen und lindern die Schmerzen, wie z. B. lustige Filme, die das Gemüt aufheitern, warmes Duschen, eine Selbstmassage, Atemübungen, Meditation etc. ( 20 ).
Viele weitere Tipps und Hintergrundinformationen sowie leckere Rezepte für eine gesunde Ernährung bei Fibromyalgie finden Sie im bereits genannten * Kursbuch Fibromyalgie von Dr. Weiss.