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  • Kind mit Autismus sitzt in einem Sessel
4 min

Autismus durch Antidepressiva in der Schwangerschaft

Antidepressiva werden heute schnell verordnet, auch während der Schwangerschaft. Die Wirkstoffe treten jedoch über die Plazenta in den Blutkreislauf des Kindes über. Dennoch – so hiess es bisher – seien Antidepressiva im Grossen und Ganzen ungefährlich für das Ungeborene. Diese Einschätzung aber darf inzwischen als überholt gelten. Denn Forscher der University of Montreal in Kanada stellten fest, dass die Einnahme von Antidepressiva in der Schwangerschaft zu Autismus beim Kind führen kann.

Fachärztliche Prüfung: Dr. med. Jochen Handel
Stand: 12 Februar 2024

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Antidepressiva: Ursache für Autismus?

Antidepressiva führen nicht zu Fehlgeburten oder Missbildungen, und auch der IQ bleibt unauffällig, wenn die Mutter in der Schwangerschaft gegen ihre Depressionen Medikamente nimmt. Zwar zeigen sich bei manchen Säuglingen nach der Geburt Entzugssymptome wie epileptische Anfälle, Herzprobleme, Bewegungsstörungen, Behinderungen des Harnabflusses und Fütterungsschwierigkeiten. Doch wird diese meist vorübergehende Problematik offenbar als nicht so schwerwiegend eingestuft. Was aber, wenn Antidepressiva zu Autismus führen können?

Risikofaktoren für Autismus

Für Autismus sind viele mögliche Ursachen im Gespräch. Offiziell stützt man sich – wie so oft – hauptsächlich auf die Erbanlagen, während man jenen Faktoren, die Eltern aktiv beeinflussen können, im Allgemeinen nur wenig Aufmerksamkeit schenkt.

So weiss man beispielsweise, dass eine glutenhaltige Ernährung autistische Symptome verstärken kann – und im Umkehrschluss eine glutenfreie Ernährung zu einer Besserung führen kann. Da autistische Kinder ferner eine andere Darmflora aufweisen als gesunde Kinder, stünde auch hier ein Therapieansatz zur Verfügung. Denn Wissenschaftler zeigten bereits, dass eine Darmsanierung Autismus bessern kann.

Darüber hinaus ist bekannt, dass Schmerzmittel wie Paracetamol oder auch Antiepileptika – wenn diese von der Mutter während der Schwangerschaft eingenommen werden – beim Kind das Autismusrisiko erhöhen können.

Dasselbe gilt für Antidepressiva, wie jetzt eine aktuelle Studie kanadischer Forscher gezeigt hat. Aus früheren Studien weiss man bereits, dass Kinder, deren Mütter in der Schwangerschaft Antidepressiva nahmen, häufiger übergewichtig sind und auch häufiger zu Diabetikern werden. Ebenso tritt ADHS (das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätssyndrom) bevorzugt auf, wenn das Kind im Mutterleib Antidepressiva ausgesetzt war. Der Zusammenhang zwischen Antidepressiva und Autismus wurde hingegen lange Zeit lediglich vermutet, zwischendurch auch immer mal wieder in Frage gestellt, jetzt aber erneut bestätigt.

Antidepressiva verdoppeln Autismusrisiko

Die Wissenschaftler der University of Montreal analysierten die Daten von über 145.000 Schwangeren, die Antidepressiva eingenommen hatten und kamen zum Schluss, dass die Antidepressiva das Autismusrisiko um beeindruckende 87 Prozent erhöhten. Dieses Studienergebnis, das im Dezember 2015 im Fachjournal JAMA Pediatrics veröffentlicht wurde, ist umso gravierender, wenn man bedenkt, dass derzeit 6 bis 10 Prozent aller Schwangeren von ihren Ärzten Antidepressiva verordnet bekommen.

Studienleiterin Professor Anick Bérard, Expertin im Bereich der Arzneimittelsicherheit während der Schwangerschaft, erklärt: "Die Ursache von Autismus bleibt nach wie vor unklar, doch wissen wir, dass die Erbanlagen genauso wie das Umfeld der Kinder eine Rolle spielen. Unsere Studie nun hat gezeigt, dass die Einnahme von Antidepressiva im zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittel das Risiko, bis zum siebten Lebensjahr eine Autismusdiagnose zu erhalten, fast verdoppeln kann – und zwar ganz besonders dann, wenn die Mutter Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin-Wiederaufnahmehemmer nahm (SSRI)."

SSRI gehören zu den am häufigsten verschriebenen Antidepressiva. Andere mögliche Autismus-Ursachen wie die familiäre Neigung zu Autismus, das Alter der Eltern oder das Aufwachsen in Armut konnten in der Studie ausgeschlossen werden.

Antidepressiva greifen in die Gehirnentwicklung des Kindes ein

„Im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel befindet sich das Kind in einer kritischen Phase der Gehirnentwicklung", erklärt Professor Bérard.

„Daher überprüften wir, wie sich in dieser Schwangerschaftsphase die Einnahme der Antidepressiva auswirkte. Wir schauten anschliessend, welche Kinder eine Autismus-Diagnose erhalten hatten und entdeckten sodann einen enormen statistischen Zusammenhang, nämlich eine Zunahme des Autismusrisikos um 87 Prozent."

Es verwundert im Grunde nicht, dass Antidepressiva beim ungeborenen Kind zu Autismus führen können. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer werden bekanntlich eingenommen, um den Serotoninspiegel zu beeinflussen. In der Schwangerschaft ändern Antidepressiva natürlich nicht nur den Serotoninspiegel bei der Frau, sondern auch bei ihrem Kind. Serotonin aber ist an zahlreichen vorgeburtlichen Entwicklungsprozessen des Gehirns beteiligt, wie zum Beispiel an der Zellteilung, an der Nervenzellwanderung, der Zelldifferenzierung und der Synapsenbildung.

Werden Antidepressiva nun genau dann eingenommen, wenn sich das Kindergehirn mitten in der Entfaltung befindet, dann führt der ungewöhnliche Serotoninpegel zu Änderungen im Kindergehirn, die sich später in Form von Autismus äussern können.

Inzwischen nehmen bis zu 8 Prozent der Schwangeren Antidepressiva

Am 19. Juli 2017 erschien im British Medical Journal eine erneute Studie zu diesem Thema. Kein Wunder, da inzwischen bis zu 8 Prozent der Schwangeren Antidepressiva nehmen. Forscher der University of Bristol schrieben, dass Kinder, die während der Schwangerschaft Antidepressiva ausgesetzt waren, mit einem höheren Autismusrisiko rechnen mussten als Kinder von Frauen, die zwar an psychischen Störungen litten, aber keine Antidepressiva dagegen einnahmen.

Allerdings erklärten Sie, dass vermutlich nur 5 Prozent der Schwangeren, die Antidepressiva nehmen, damit rechnen müssten, ein autistisches Kind zu bekommen.

Autismus und Antidepressiva – Beides auf dem Vormarsch

Die Zahl autistischer Kinder steigt immer weiter. Waren es im Jahr 1966 nur 4 von 10.000 Kindern, die an Autismus litten, sind es heute bereits 100 von 10.000. Sollten die weit verbreiteten Antidepressiva an dieser Entwicklung beteiligt sein, ist es von ausserordentlicher Wichtigkeit, bei Depressionen – insbesondere bei leichten bis mittelschweren – alternative Wege zu beschreiten.

Diese stehen durchaus zur Verfügung, werden jedoch von vielen Ärzten, trotz ihrer teilweise sehr guten Wirkung, leider nicht ernst genommen. Wie die Ernährung bei Depressionen helfen kann, lesen Sie hier: Ernährung gegen Depressionen. Und welche Heilpflanzen bei Depressionen sinnvoll sein können, haben wir hier beschrieben: Heilpflanzen gegen Depressionen

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.