Zentrum der Gesundheit
  • Giftstoffe in Textilien
19 min

Giftstoffe in Textilien

Die Kleidung ist unsere zweite Haut, die uns eigentlich vor Wind und Wetter schützen sollte. Doch stecken in den heutigen Textilien viele gesundheitsgefährdende Giftstoffe – und diese möchte man weder in noch auf der Haut wissen. Ob Farbstoffe, Weichmacher, Bleichmittel oder Schwermetalle: Ein T-Shirt wird inzwischen mit etwa genau so viel Chemie behandelt, wie es wiegt. Welche Chemikalien stecken in Hose, Hemd und Bluse? Und welche Auswirkungen haben diese Giftstoffe auf Mensch, Tier und Umwelt? Wie können wir uns davor schützen? Wo gibt es Kleidung und Textilien ohne Giftstoffe? Worauf können wir beim Kleiderkauf achten?

Aktualisiert: 06 März 2024

Kostenlosen Newsletter abonnieren

Mit Ihrer Anmeldung erlauben Sie die regelmässige Zusendung des Newsletters und akzeptieren die Bestimmungen zum Datenschutz.

Kleidung und Textilien mit Giftstoffen

Kleidung soll uns vor Hitze, Kälte, Wind und Nässe schützen. Doch kann Kleidung auch Nachteile haben. So können z. B. zu enge oder zu fest anliegende Kleidungsstücke auf Blutgefässe, Nerven oder Organe drücken und bis hin zum Organversagen führen – man erinnere sich an das gefürchtete Korsett, das die Damen früherer Epochen reihenweise in Ohnmacht fallen liess.

Ausserdem sorgten einst ungünstige hygienische Bedingungen dafür, dass es sich Parasiten wie die Kleiderlaus in der Kleidung gemütlich machen konnten.

Die Kleiderlaus aber fungierte nicht selten als Überträger von Krankheitserregern (z. B. Fleckfieber, aber auch die Pest), die wiederum zahllose Menschen dahingerafft haben. In Europa sind diese Blutsauger heutzutage zwar kaum noch anzutreffen. Dafür lauert in den allermeisten Textilien – ob Kleidung, Gardine oder Bettwäsche – eine unsichtbare Gefahr in Form von Giftstoffen. In der Textilproduktion kommen inzwischen rund 7.000 Chemikalien zum Einsatz.

Die Textilindustrie ist ein blutiges Geschäft

Die Textilindustrie zählt zu den ältesten und wichtigsten, aber auch zu den blutigsten Wirtschaftszweigen der Menschheit. Schon im Mittelalter bescherte die Herstellung von Textilien einzelnen Regionen einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung und sorgte in politischem Sinne für Macht und Einfluss.

Damals beschafften die Textilhändler die notwendigen Rohstoffe, die meist von der verarmten und schutzlosen Landbevölkerung verarbeitet wurden, und heimsten durch den Verkauf der Stoffe grosse Gewinne ein. In den Geschichtsbüchern künden die Weberaufstände noch heute von den katastrophalen Zuständen der Arbeiter.

Heute werden weltweit jährlich etwa 80 Millionen Tonnen Textilfasern verarbeitet, woraus rund 80 Milliarden Kleidungsstücke gefertigt werden. Von Aufständen bzw. Streiks in der Textilindustrie ist hierzulande allerdings nichts mehr zu hören, doch das hat einen triftigen Grund: Die Textilindustrie spielt in Europa nämlich kaum noch eine Rolle, da sie längst ins Ausland verlagert wurde. Rund 90 Prozent der bei uns verkauften Kleidung stammt grösstenteils aus den Höllen-Fabriken in China, der Türkei und Bangladesch, wo die Menschenrechte mit Füssen getreten werden.

Horrorszenarien wie der Brand in der Tazreen-Kleiderfabrik in Bangladesch, wo im November 2012 mehr als 100 Menschen ums Leben kamen und 200 verletzt wurden, sind nur die Spitze des Eisbergs. Für zahllose Menschen sind die menschenunwürdigen Zustände in der Textilindustrie eine alltägliche Qual.

Die Produktionsstätten erinnern an bewachte Gefängnisse, Arbeitszeiten von 70 Stunden pro Woche gelten als völlig normal. Des Weiteren werden die Arbeiter z. B. beim Färben von Textilien Tag für Tag mit Giftstoffen konfrontiert, die sie letztendlich krank machen und die natürlich auch am Träger der Kleidung nicht spurlos vorübergehen.

Die gefährlichsten Giftstoffe in Textilien und Kleidung

Auf den Kleidungsetiketten muss lediglich angegeben werden, welche Fasern verarbeitet wurden. Hierbei kann es sich sowohl um Naturfasern als auch um Chemiefasern handeln. Während Pflanzen und Tiere natürliche Rohstoffe wie Baumwolle, Hanf, Seide oder Wolle liefern, werden Chemiefasern auf Basis von Erdölprodukten (z. B. Polyester und Polyacryl) oder Zellulose (z. B. Viskose und Acetat) hergestellt. Bei mehr als der Hälfte der verarbeiteten Fasern handelt es sich um Synthesefasern und bei rund einem Drittel um Baumwollfasern.

Viele Menschen denken, dass von Kleidung, die aus natürlichen Fasern besteht, keine Gefahr ausgeht. Doch dem ist leider nicht so. Denn müssten die enthaltenen Giftstoffe deklariert werden, wäre das Etikett wohl oft grösser als das Kleidungsstück selbst – und zwar völlig unabhängig davon, ob die Kleidung aus Natur- oder Kunstfasern besteht. Von der EU wurden bereits einige der Giftstoffe für Textilien verboten bzw. Grenzwerte festgelegt, doch selbst diese Bestimmungen gelten nur für die Textilindustrie im EU-Raum, aber nicht für importierte Kleidung ( 3 ).

Welche Giftstoffe stecken in Textilien

Obgleich es den Kleidungsstücken und anderen Textilien nicht anzusehen ist, welche Giftstoffe bzw. Chemikalien sie in sich bergen, möchten wir Ihnen die giftigsten Schadstoffe vorstellen, sodass Sie eine Vorstellung davon bekommen, womit Ihr Körper Tag und Nacht konfrontiert wird ( 4 ):

Alkylphenole gefährden Wasserorganismen

Zu dieser Gruppe zählen z. B. die Nonylphenolethoxylate (NPE oder NPEO), die in der Textilindustrie bei Reinigungs- und Färbeprozessen Verwendung finden. Sie sind wasserlöslich und zerfallen in Nonylphenol (NP), das für viele Wasserorganismen (z. B. Seelachs) giftig ist, in der Umwelt kaum abgebaut werden kann und sich letztendlich im Körpergewebe des Menschen anreichert. NP ist in der EU seit 2003 in der Textilherstellung nicht mehr zugelassen ( 7 ) ( 8 ).

Eine Untersuchung der schwedischen Naturschutzvereinigung SNF hat jedoch ergeben, dass diese Giftstoffe über importierte Textilien dennoch in den EU-Raum gelangen. Seit 2005 gibt es zwar auch ein EU-weites Verbot für den Verkauf von NP-haltigen Produkten, da aber nur stichprobenartige Kontrollen stattfinden, ist es unmöglich, die belastete Importware aus dem Verkehr zu ziehen. Diese traurige Tatsache gilt übrigens in Bezug auf alle giftigen Chemikalien, die noch folgen.

Weichmacher in Textilien stören die Fortpflanzung

Phthalate werden in erster Linie als Weichmacher für den Kunststoff Polyvinylchlorid (PVC) verwendet und kommen in der Textilindustrie z. B. in Kunstleder, Gummi und gefärbten Textilien zum Einsatz.

Phthalate gelten auch als Giftstoffe, da sie bei Säugetieren fortpflanzungsschädigend wirken und u. a. die Entwicklung der Hoden beeinträchtigen.

Zudem stehen sie im Verdacht, beim Mann Übergewicht und Diabetes hervorzurufen. Forscher von der University of Michigan School of Public Health und der Medical School in Boston kamen ausserdem zum Schluss, dass Phthalate einen Risikofaktor für Frühgeburten darstellen ( 9 ).

Farbstoffe in Textilien lösen Krebs aus

Laut dem Chemiker Michael Braungart, Leiter des Umweltinstituts EPEA in Hamburg, sind nur 16 von rund 1.600 Farben, die in der Textilindustrie zum Einsatz kommen, unbedenklich.

Die sogenannten Azofarbstoffe werden hierbei am häufigsten verwendet. Das Problem ist, dass etliche dieser Giftstoffe während der Anwendung gespalten werden und dabei aromatische Amine freisetzen, die als Krebsverursacher gelten. Aus diesem Grund sind Azofarbstoffe in der EU inzwischen in allen Textilien verboten, die mit der menschlichen Haut in Berührung kommen.

Flammschutzmittel: Karzinogen und hormonell wirksam

Bromierte Flammschutzmittel (BFR) werden mitunter genutzt, um Textilien feuerbeständig zu machen. Sie können Krebs auslösen und das Hormonsystem schädigen. Laut EU-Recht sind einige BFR (z. B. PBDE) bereits verboten, da sie in Bezug auf die Umwelt als Giftstoff gelten und somit als "prioritär gefährlich" eingestuft wurden ( 10 ).

Zinnorganische Verbindungen machen krank

Zinnorganische Verbindungen sind in Schädlingsbekämpfungs- und Antischimmelmitteln enthalten und kommen auch in der Textilindustrie (z. B. in Sportbekleidung, Socken und Schuhen) zum Einsatz, um die durch Schweiss hervorgerufene Geruchsbildung zu verhindern. Einer der populärsten Vertreter heisst Tributylzinn (TBT), das einst beim Anstrich von Schiffen Verwendung fand.

Heute weiss man, dass TBT in der Umwelt nicht abgebaut wird, weswegen es in der EU-Wasserrahmenrichtlinie als Giftstoff eingestuft wird. Laut dem Berliner Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) können zinnorganische Verbindungen das Immunsystem schwächen, die Fruchtbarkeit einschränken und das Nervensystem angreifen. In der EU sind Produkte und somit auch Textilien, die mehr als 0,1 Prozent TBT und andere dieser Stoffe enthalten, mittlerweile verboten.

Tenside in Textilien: Schleichende Gifte

Perfluorierte Tenside (PFC) sind in der Textilindustrie weit verbreitet. Sie werden verwendet, um Textil- und Lederprodukte (z. B. Outdoor-Kleidung, Schwimmanzüge) wasser- und schmutzabweisend zu machen ( 5 ).

Studien haben gezeigt, dass PFC in der Umwelt nicht abgebaut werden und sich im Blut und im Organgewebe ansammeln. Sie stellen eine Gefahr für die Leber dar, beeinträchtigen das Hormonsystem und stehen im Verdacht Krebs zu verursachen.

Einige dieser Giftstoffe sind in der EU bereits gesetzlich reglementiert, was den Einsatz von PFC in Textilien aus Drittweltländern nicht beeinträchtigt.

Aldehyde: Krebserregender Giftstoff für den Menschen

Zu den Aldehyden zählt z. B. die chemische Verbindung Methanal – bekannt als Formaldehyd – das Anwendung bei der Herstellung von Farbstoffen findet und Kleidungsstücke wie z. B. Hemden knitterfrei machen soll. Dies ist eine der wenigen Chemikalien, die sogar auf dem Etikett festgehalten werden müssen, falls die Textilien mit der Haut in Berührung kommen und der Grenzwert von mehr als 0,15 Prozent freies Formaldehyd überschritten wird.

Hierbei wird aber auch nur "empfohlen, das Kleidungsstück zur besseren Hautverträglichkeit vor dem ersten Tragen zu waschen", obgleich die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Chemikalie im Jahr 2004 als "krebserregend für den Menschen" eingestuft hat. Mitunter konnte in einer Studie nachgewiesen werden, dass zahlreiche Industriearbeiter, die dem Giftstoff ausgeliefert waren, an Tumoren des Nasen-Rachenraumes erkrankt sind.

Triclosan ist gesundheitsschädlich

Triclosan gehört zu den polychlorierten Phenoxyphenolen (PCPP). Dieser äusserst umstrittene Stoff ist Bestandteil von Desinfektionsmitteln, Kosmetika und Konservierungsmitteln, kommt aber auch in Schuhen, Sport- und Funktionstextilien zum Einsatz, um das Bakterien- und Pilzwachstum zu hemmen. Viele Studien haben bereits bestätigt, dass Triclosan krank macht.

So haben z. B. amerikanische Forscher den Giftstoff im Urin von Schwangeren sowie im Nabelschnurblut nachgewiesen, und eine kanadische Studie hat gezeigt, dass Triclosan bei Frauen zu einer verminderten Fruchtbarkeit führt. Des Weiteren zerstört Triclosan die natürliche Mikroflora der Haut. Das BfR rät von Triclosan ab, da dadurch resistente Bakterienstämme ausgebildet werden können, die Antibiotika unwirksam machen ( 14 ).

Schwermetalle in Textilien schaden der Gesundheit

Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Quecksilber finden in Farbstoffen und Pigmenten sowie bei der Ausrüstung von Textilien Verwendung. Während Chromverbindungen die Wolle rot färben und Wasch- und Lichtechtheit garantieren sollen, wird Cadmium in gelben sowie roten Farbpigmenten verwendet. T-Shirt-Drucke sind oft mit Blei belastet, und Nickel in Gürtelschnallen oder Reissverschlüssen kann eine Allergie auslösen.

Viele Schwermetalle sind gefährliche Giftstoffe, können sich im Körper anreichern und infolgedessen zu irreversiblen gesundheitlichen Schäden führen. Blei und Quecksilber greifen das zentrale Nervensystem an, Cadmium schädigt die Nieren und gilt als Krebsauslöser. Schwermetalle belasten zudem die Umwelt und werden als "prioritär gefährliche Stoffe" eingestuft.

Dies ist nur eine kleine Auswahl all der Giftstoffe, mit denen wir tagtäglich über unsere Kleidung und Textilien konfrontiert werden, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Fakt ist, dass es nur für wenige Chemikalien Grenzwerte gibt und Verbote die absolute Ausnahme sind. Selbst das BfR gibt zu: "Den Behörden fehlen umfassende Kenntnisse über diese Produkte."

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace veröffentlicht nun schon seit längerem jährlich Daten von Kleidung, die mit Schadstoffen belastet ist.

Greenpeace über Giftstoffe in Textilien

Greenpeace hat im Jahr 2011 die sogenannte Detox-Kampagne (detox=entgiften) gestartet. Ziel ist es, den Verbraucher über Giftstoffe in Textilien aufzuklären und die Mode-Industrie zu einem Umdenken zu bewegen. In diesem Zusammenhang wurden zunächst die Abwässer von zwei führenden chinesischen Textilfabriken untersucht, wobei eine grosse Anzahl giftiger bzw. hormonell wirksamer Chemikalien gefunden wurde. Es handelte sich hierbei um zwei Hersteller, welche auch die Riesen der Sportartikelbranche wie z. B. Adidas, Nike oder Puma belieferten.

Daraufhin wurden 78 Bekleidungsstücke sowie Schuhe von 15 internationalen Herstellern gekauft und im Labor auf NPE untersucht. Die problematische Substanz war in 52 Kleidungsstücken in höheren Mengen enthalten. Nach dieser Bekanntgabe verpflichteten sich Puma und Nike, bis zum Jahr 2020 für ihre Textilien keine Giftstoffe mehr zu verwenden.

Chemie in Markenkleidung

Greenpeace testete überdies 141 Kleidungsstücke der führenden Modemarken (Armani, Benetton, C&A, Calvin Klein, Diesel, Esprit, Gap, H&M, Tommy Hilfiger, Vero Moda und Zara) aus 29 Ländern. Dabei wurden in sämtlichen Textilien NPE gefunden! Des Weiteren enthielten viele Kleidungsstücke hochkonzentrierte Weichmacher sowie krebserregende Chemikalien.

Seitdem haben sich weitere 30 Hersteller – darunter Adidas, Benetton, C&A, Esprit, H&M, Levi`s, Mango, Victoria`s Secret und Zara – der Detox-Kampagne angeschlossen. 2015 gab Greenpeace bekannt, dass 16 Modemarken (z. B. H&M und Zara) zumindest die schädlichsten Chemikalien schon aus ihrer Produktion verbannt haben. Dabei wurde kritisiert, dass bisher keine einzige Luxusfirma eine Detox-Verpflichtung abgegeben hat. Armani, Louis Vuitton, Versace & Co. stellen somit die absoluten Schlusslichter dar. Dass sich die belastete Kleidung insbesondere auf die Gesundheit von Kindern nachteilig auswirken kann, scheint einige Modezaren also nicht weiter zu stören.

Chemikalien in Kleidung schädigen Kinderhirn

Laut Experten stellen mit Chemikalien belastete Kleidungsstücke vor allem in Bezug auf Kinder ein grosses Problem dar. In der Fachzeitschrift The Lancet Neurology warnten führende Wissenschaftler davor, dass Textilchemikalien bei Kindern zu Hirnentwicklungsstörungen führen können.

Dr. Philip Landrigan vom Mount Sinai Medical Center in New York und Dr. Philippe Grandjean von der Syddansk Universitet in Dänemark studieren seit 30 Jahren Giftstoffe, die in der Industrie zum Einsatz kommen. Sie sind der festen Überzeugung, dass einige Chemikalien die Entwicklung des Nervensystems beeinflussen und das Gehirn von Föten und Kindern nachhaltig schädigen können. Zu den möglichen Folgen zählen z. B. Legasthenie, ADHS und Autismus ( 11 ) ( 13 ).

Aus diesem Grund hat Greenpeace im Jahr 2014 insbesondere Baby- und Kinderbekleidung von 12 Labels (z. B. Primark, Adidas und Burberry) unter die Lupe genommen. Dabei wurden 82 Kleidungsstücke untersucht, wobei zahlreiche Giftstoffe nachgewiesen wurden.

So fanden sich z. B. in Schuhen, Pyjamas, Jacken und Sportkleidung besorgniserregende Mengen von Weichmachern, zinnorganischen Verbindungen, Antimon und NPE. Dass selbst in teurer Kinderkleidung von Luxusmarken giftige Chemikalien aufgespürt wurden, ist blanker Hohn.

Durch eine schwedische Studie aus dem Jahr 2015 konnte die hohe Giftbelastung bestätigt werden.

Giftstoffe in Textilien: Dermatitis und Krebsrisiko

Prof. Conny Östman und seine Kollegen von der Stockholm University haben 60 verschiedene Kleidungsstücke von schwedischen und internationalen Bekleidungs-Ketten untersucht und sind dabei auf Tausende Chemikalien gestossen, wovon rund hundert identifiziert werden konnten. Einige dieser Substanzen waren nicht auf den Listen der Hersteller zu finden und stehen im Verdacht Rückstände zu sein oder erst während des Transports zugefügt worden zu sein, z. B. um gegen Kleidermotten vorzugehen.

Dr. Giovanna Luongo liess verlauten, dass Giftstoffe in Textilien das Risiko für allergische Dermatitis erhöhen, darüber hinaus aber noch viel schlimmere Auswirkungen auf den Menschen haben können: Einige der Giftstoffe können Krebs auslösen und andere verpesten die Gewässer. Vier der am häufigsten vorkommenden und giftigsten Chemikalien-Gruppen, die leicht in die Haut eindringen können, wurden ausgewählt, um weiter untersucht zu werden ( 12 ).

Die höchste Konzentration fand sich in zwei dieser Gruppen, Chinolin und aromatische Amine, die insbesondere in Polyester vorkamen, während Kleidungsstücke aus Baumwolle am meisten mit Benzothiazol (Fungizid) belastet waren. Dabei muss bedacht werden, dass Rohstoffe wie Baumwolle nicht erst beim Herstellungsprozess mit Giftstoffen in Berührung kommen, sondern schon beim Anbau.

Anschliessend haben die Forscher die Textilien gewaschen und dann wiederum den Belastungsgrad der Gifte gemessen. Einige der Giftstoffe sind nach dem Waschen in hoher Konzentration in den Textilien verblieben, was die direkte Gefahr natürlich erhöht, andere wurden ausgewaschen, was sich auf die Träger der Kleidung zwar positiv auswirkt, dafür aber mit einem hohen Risiko in puncto Wasserverschmutzung einhergeht.

Giftstoffe in Textilien verseuchen Gewässer

Die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung mit Sitz in München kam bereits im Jahr 1994 aufgrund einer Studie zum Schluss, dass pro Jahr mehr als 110.000 Tonnen Chemikalien, darunter auch eindeutige Giftstoffe für die "Verschönerung" von Textilien zum Einsatz kamen, von denen 80.000 Tonnen in unseren Flüssen und Seen landeten. Heute geht Greenpeace davon aus, dass jährlich allein von dem Giftstoff NPE mehr als 88 Tonnen die Gewässer in Deutschland belasten ( 1 ).

Die Chemikalien gelangen mit dem Waschwasser in die Kanalisation und somit in die Kläranlagen, wo z. B. NPE nicht effektiv gefiltert werden kann und in NP umgewandelt wird, das auf Wasserorganismen wie Fische, Schnecken und Muscheln hochtoxisch wirkt. Zudem reichern sich die Giftstoffe in der Nahrungskette an und erreichen auch auf diese Weise den menschlichen Organismus.

Chemie-gefärbte Flüsse aus dem Weltall sichtbar

Viel schlimmer als in den Industrienationen gestaltet sich die Umweltverschmutzung durch Textilchemikalien aber in den Herstellerländern. So sind in China inzwischen rund 70 Prozent der Flüsse und Seen verseucht ( 2 ). Dass an den Farben der Flüsse in China oder Indien schon die Farben der Saison erkennbar sind und die Giftbrühe vom Weltall aus gesehen werden kann, macht den Ernst der Lage deutlich. Die Giftstoffe aus den Textilfabriken werden meist sogar ungeklärt abgeleitet und bahnen sich ihren Weg bis ins Trinkwasser und in die Nahrungsmittel.

Wenn Sie sich nun nicht länger zum unfreiwilligen Komplizen der Modeindustrie machen lassen möchten, deren Profitgier die Umwelt, die Menschenrechte und die Gesundheit gefährdet, sollten Sie die folgenden Ratschläge beherzigen.

Tipps für den Kauf chemiefreier Kleidung

Laut dem Statistischen Bundesamt werden allein in Deutschland pro Jahr 70 Milliarden Euro für Kleidung ausgegeben. Hier offenbart sich die Problematik der sogenannten "Fast Fashion", denn 40 Prozent der Kleidungsstücke werden vielleicht ein einziges Mal getragen und fristen dann ihr klägliches Dasein als Schrankhüter.

Dieses Phänomen ist mitunter darauf zurückzuführen, dass Kleidungsstücke inzwischen zu Spottpreisen angeboten werden, sodass in den Industrieländern das Shoppen längst zum Hobby der Massen mutiert ist. Wie Sie nun aber wissen, ist der Preis letztendlich viel höher, als allgemein angenommen wird.

Entscheiden Sie sich für Öko-Mode

Wenn Sie zu den Menschen zählen, die auf Kleider von der Stange allergisch reagieren, zum Umweltschutz beitragen möchten und/oder die Ausbeutung der Textilarbeiter in der 3. Welt nicht unterstützen möchten, ist ökologische Kleidung das Richtige für Sie. Der einzige Nachteil ist, dass Öko-Mode in puncto Herstellung und Produktion teurer ist und somit mehr kostet. Dafür profitieren Sie von erstklassiger Qualität und die Kleidungsstücke bleiben Ihnen viel länger erhalten.

Achten Sie auf Ökosiegel

Es gibt leider kein einziges einheitliches gesetzlich geschütztes Ökosiegel, sondern eine ganze Reihe davon. Es hängt somit von Ihren Ansprüchen ab, für welches Ökosiegel Sie sich entscheiden. Greenpeace hat die folgenden drei Siegel am besten bewertet:

  1. IVN Best: Dieses Siegel steht dafür, dass die Kleidung zu 100 Prozent aus Fasern aus kontrolliert biologischem Anbau gefertigt wurde. Nachteilig ist, dass der Einsatz von Chemikalien zwar besonders streng geregelt ist, bislang aber nicht alle Stoffe mit Grenzwerten versehen sind.
  2. GOTS: Die Anforderungen dieses Siegels betreffen die gesamte textile Kette, die vom Anbau bis hin zum fertigen Kleidungsstück reicht, das zu 90 Prozent aus Naturfasern besteht. Einzelne Chemikalien sind verboten, der Schwachpunkt ist allerdings, dass gewisse giftige Stoffe wie z. B. Aufheller erlaubt sind.
  3. Öko-Tex Standard 100: Dieses Siegel zeichnet sich dadurch aus, dass die Grenzwerte für gewisse gesundheitsgefährdende Chemikalien stets unterschritten werden. Nachteilig ist, dass die Arbeitsbedingungen in den Herstellerfirmen nicht berücksichtigt werden.

Halten Sie nach kleinen Labels Ausschau

Kleine Labels bieten oft Bio&Fair – also Ökologie und Ethik – im Doppelpack. Immer mehr junge Designer sind schockiert darüber, wie viel Elend sich hinter der Kleiderproduktion verbirgt und wollen eine Veränderung in die Wege leiten. Giftstoffe kommen hier nicht in die Textilien. Ihre fair, ökologisch und nachhaltig gefertigten Kreationen werden in kleinen Läden oder auch in Onlineshops verkauft – drei davon möchten wir Ihnen kurz vorstellen:

  1. Green Shirts: Im Onlineshop kann "Social Eco Wear" aus Bio-Baumwolle, Leinen, Holz, und recycelten Stoffen gekauft werden. Zur Auswahl stehen alle möglichen T-Shirts mit Ökodruck, Hoodies und Pullover. Das Team besteht aus vier Mitgliedern, die mit einer Reihe internationaler Designer zusammenarbeiten.
  2. Goodsociety: Dieses Label hat sich auf hochwertige Jeans spezialisiert. Die Stoffe werden aus GOTS-zertifizierter Baumwolle hergestellt und für die Waschgänge wird wiederaufbereitetes Wasser verwendet. Die Verarbeitung findet in italienischen Familienbetrieben statt. Zudem werden 25 Prozent des Gewinns gespendet, z. B. an die Organisation The Sea Foundation, die sich mitunter in Nepal gegen Menschenhandel einsetzt.
  3. CharLe: Wenn Sie nach sauberer Kindermode suchen, ist dieses kleine Kreuzberger Modeunternehmen zu empfehlen. Für die Gründerin Mandy Geddert stehen bei der Materialwahl neben den ökologischen auch die ethischen Faktoren im Vordergrund: Die Bio-Baumwolle stammt aus fairem Handel, und die Produktion findet in Deutschland statt. Die Kleidungsstücke können sowohl im Shop in Berlin als auch in anderen Geschäften in Deutschland, Österreich und Holland erworben werden.

Studieren Sie das Etikett

Auch wenn Sie Kleidung ohne Ökosiegel kaufen, gibt es einige Dinge, auf die Sie achten können:

  1. Weist das Etikett den Hinweis "Farbe blutet aus" oder "Separat waschen" auf, ist dies ein sicheres Indiz für die mangelnde Farbechtheit und mögliche Hautreizungen.
  2. Formulierungen wie "Bügelfrei" oder "Knitterfrei" geben einen Hinweis darauf, dass Giftstoffe mit im Spiel sind.
  3. Steht auf der Jeans "Used Look", ist es sehr wahrscheinlich, dass die Arbeiter mit Quarzstaub hantieren mussten, der zu einer tödlichen Lungenkrankheit führt.
  4. Kaufen Sie Kleidung, die Sie normal waschen können, da Kleidungsstücke, die chemisch gereinigt werden müssen, oft mit allergieauslösenden Chemikalien belastet sind.

Augen auf bei Outdoor-Kleidung

Outdoor-Kleidung liegt hoch im Trend, sollte aber zukünftig kritisch betrachtet werden. Bei der Herstellung kommen nämlich mitunter Giftstoffe wie PFC zum Einsatz, welche die Textilien wind- und wetterfest machen. Diese gefährlichen Substanzen können sowohl bei der Herstellung als auch beim Tragen der Kleidung in die Umwelt gelangen. Greenpeace hat auf drei Kontinenten Schnee- und Wasserproben in entlegenen Bergregionen genommen und auf Rückstände untersucht: An allen Testorten konnte PFC nachgewiesen werden ( 6 ).

Dr. Hans Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien liess verlauten, dass in Langzeitexperimenten nachgewiesen werden konnte, dass PFC zu Tumorbildung und Unfruchtbarkeit führen kann. Wer nicht gerade eine Polarexpedition im Sinn hat, ist auf eine derartige Bekleidung bestimmt nicht angewiesen.

Was bedeutet "Designed in Germany"?

Lassen Sie sich nicht täuschen, wenn ein Produkt mit der Aufschrift eines europäischen Landes, z. B. "Germany", versehen wurde. Derartige Hinweise lassen sich gut vermarkten, da sich viele Verbraucher in Sicherheit wiegen, sagen aber nichts über den Einsatz von Chemikalien aus. Immer öfter taucht auf den Etiketten "Designed in Germany" auf, wobei verschleiert werden soll, woher die Textilien eigentlich stammen. Denn auch wenn das Design aus Deutschland stammen mag, über den Ort der Herstellung und die Verwendung von Giftstoffen sagt dieser Hinweis natürlich nichts aus.

Riechen Sie an der Kleidung

Viele Giftstoffe sind komplett geruchsneutral und können somit nicht mit Hilfe der Nase erkannt werden. Sollten Kleidungsstücke oder Schuhe aber stark nach Chemie riechen, können Sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese stark behandelt wurden.

Waschen Sie neue Kleidung immer vor dem ersten Tragen

Werden neue Kleidungsstücke vor dem ersten Tragen gewaschen, so werden zumindest all jene Schadstoffe ausgespült, die mit den Fasern nicht fest verbunden sind. Bedenken Sie, dass winzige Moleküle durch die Haut in den Körper eindringen können. Andere Chemikalien gasen entgegen aus und können in Folge eingeatmet werden. Bei Baby- und Kinderkleidung ist besondere Vorsicht angesagt, da diese das Ärmelchen oder auch den Zipfel der Bettdecke gern in den Mund stecken, wobei Giftstoffe aus den Textilien gelöst und aufgenommen werden können. Vergessen Sie dabei aber nicht, dass die ausgespülten Chemikalien nicht aus der Welt sind, sondern in den Gewässern landen und somit auf anderem Wege zu uns zurückkehren.

Slow Fashion ist mehr als ein Zeichen

Slow Fashion ist das Gegenteil von Fast Fashion und ist Ausdruck für einen bewussten Umgang mit der Kleidung. Slow Fashion steht für eine nachhaltige und entschleunigte Mode, die sich von der schnelllebigen Massenware gekonnt abhebt. Hierbei kann es sich um Kleidungsstücke handeln, die aus Biostoffen oder recycelten Materialien bestehen, aber auch um Secondhand-Kleidung. Sollten Sie davon nicht viel halten, können Sie in Zukunft einfach seltener und dafür bewusster shoppen gehen, ganz nach dem Motto: Klasse statt Masse.

Ausserdem sollten Sie Kleidung, die Ihnen nicht mehr gefällt, unter keinen Umständen wegwerfen, sondern in einen Kleidercontainer geben – andere Menschen werden es Ihnen danken! Des Weiteren können Sie Kleiderpartys organisieren bzw. daran teilnehmen, wo Gleichgesinnte zusammenkommen, um gemeinsam eine interessante Tauschaktion zu starten – ganz ohne Profit!

Giftstoffe in Textilien müssen nicht sein!

Wie Sie sehen, stehen viele Wege offen, um sich vor Giftstoffen in Textilien und der Kleidung zu schützen, zum Umweltschutz beizutragen und sich den ausbeuterischen Machenschaften der Mode-Lobby entgegenzustellen.

🌟 Bewerten Sie unsere Arbeit 🌟

Auf unserem Portal Zentrum der Gesundheit haben wir mittlerweile mehr als 2700 Artikel zu zahlreichen Themen rund um Gesundheit, Ernährung und Naturheilkunde veröffentlicht. Wenn Sie Zeit und Lust haben, freuen wir uns über Ihre Bewertung unseres Portals bei Trustpilot.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.