Was ist Vitamin B6?
Vitamin B6 ist ein wasserlösliches Vitamin, das in drei natürlichen Formen (Pyridoxal, Pyridoxin und Pyridoxamin) in Lebensmitteln vorkommt. Am wichtigsten ist hierbei Pyridoxal (1).
Die natürlich vorkommenden Formen von Vitamin B6 sind inaktiv, also im menschlichen Körper nicht wirksam. Bevor Vitamin B6 seine Wirksamkeit entfaltet, muss es daher in seine aktive Form überführt werden.
Die in der Nahrung vorkommenden inaktiven Formen werden über den Darm aufgenommen. Die Aktivierung findet hauptsächlich in der Leber statt. Zur Aktivierung wird eine Phosphat-Gruppe an die Position 5 im Molekül gebunden. Die aktivierte Form bezeichnet man daher im Fall von Pyridoxal: Pyridoxal-5-Phosphat.
Für die Aktivierung von Vitamin B6 sind Vitamin B2, Magnesium und Zink erforderlich.
Die Aufgaben und Funktionen
Vitamin B6 ist an zahlreichen Aufgaben im menschlichen Körper beteiligt:
Unverzichtbar fürs Immunsystem
Auch für ein fittes Immunsystem ist B6 wichtig, z. B. für die Bildung von Antikörpern sowie für die korrekte Funktion von Abwehrzellen, z. B. den T-Helferzellen und den Natürlichen Killerzellen. Das Vitamin reguliert überdies Entzündungsprozesse und fördert die Bildung von Zytokinen (Botenstoffen)
Vitamin B6 für das Nervensystem
Vitamin B6 ist wichtig für die Produktion von Botenstoffen im Gehirn, darunter Serotonin, das unsere Stimmung hebt, aber auch Melatonin, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Ein Mangel kann daher zu schlechter Stimmung, Schlafstörungen und erhöhter Stressanfälligkeit führen.
Melatonin schützt außerdem das Nervensystem vor schädlichen freien Radikalen. Ist der Melatoninspiegel durch einen B6-Mangel zu niedrig, steigt das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson.
Auch der beruhigende Nervenbotenstoff GABA ist von Vitamin B6 abhängig. GABA hilft, Stress zu regulieren und Reize zu filtern. Ein Mangel an GABA führt zu einer stärkeren Wahrnehmung von äußeren und inneren Reizen (z. B. Krankheitssymptomen) (6).
Vitamin B6 und andere B-Vitamine sind außerdem erforderlich für die Bildung und Erhaltung der Myelinscheiden der Nervenzellen ( 7 ). Die Myelinscheiden sind die Hüllmembranen der Nervenzellen und ermöglichen eine effiziente Signalweiterleitung. Folgen einer geschädigten Myelinscheide können u. a. muskuläre Schwäche und Gefühlsstörungen sein.
Bildung von Sexualhormonen, Cortisol und Schilddrüsenhormonen
Vitamin B6 wirkt als Coenzym bei enzymatischen Prozessen, die für die Synthese und Regulation von Hormonen essenziell sind. Es unterstützt die Bildung von Sexualhormonen (z. B. Östrogen, Testosteron) und fördert die Produktion von Cortisol in den Nebennieren zur Stressbewältigung.
Auch trägt B6 zur Umwandlung von Schilddrüsenhormonen (T4 in das aktive T3) bei, wodurch wiederum der Energiehaushalt reguliert wird.
Bildung von Zellmembranen
Vitamin B6 spielt eine wichtige Rolle bei der Synthese von Phospholipiden, den Hauptbestandteilen der Zellmembranen. Damit trägt es zur Stabilität und Funktionalität der Zellhülle bei.
Abbau von Histamin
Vitamin B6 ist als Coenzym für das Enzym Diaminoxidase (DAO) unentbehrlich. DAO wiederum ist für den Abbau von Histamin im Körper verantwortlich.
Wird Histam in nicht abgebaut, dann würde es sich im Körper anreichern und Beschwerden eines Histaminüberschusses verursachen, z. B. Kopfschmerzen, Hautrötungen, Juckreiz, Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Herzrasen oder Atemwegsprobleme.
Ein dauerhaft erhöhter Histaminspiegel kann zudem entzündliche Prozesse im Körper verstärken und das allgemeine Wohlbefinden beeinträchtigen.
Schutz der DNA
Vitamin B6 hilft dabei, bestimmte Stoffwechselprozesse im Körper zu steuern, die wichtig für den Schutz der Erbsubstanz (DNA) sind. Es sorgt dafür, dass wichtige chemische Verbindungen für die DNA-Methylierung bereitgestellt werden.
Dieser Vorgang hilft, die DNA stabil zu halten, steuert, welche Gene aktiv sind, und kann so Zellschäden sowie das Risiko für Krankheiten wie Krebs verringern.
Wichtig für viele Enzyme
Mehr als 100 Reaktionen in unserem Stoffwechsel sind von Vitamin B6 abhängig. Das Vitamin wirkt dabei als Cofaktor für zahlreiche verschiedene Enzyme. Cofaktoren sind Hilfsstoffe, ohne die ein Enzym nicht arbeiten kann. Mangelt es an Cofaktoren, so arbeitet das betroffene Enzym nur eingeschränkt und es kommt zu weitreichenden Störungen im Organismus.
Erforderlich für den Proteinstoffwechsel
Vitamin B6 ist als Cofaktor nicht nur für Enzyme, sondern auch für viele andere Proteine sowie für Aminosäuren wichtig (3). Nachfolgend einige Beispiele, inwiefern Vitamin B6 im Proteinstoffwechsel aktiv ist:
Wichtig für die Glutathionbildung
Ein Vitamin-B6-Mangel kann beispielsweise zu einem Mangel an den Aminosäuren Glutamin und Cystein führen. Diese sind relevant für die Bildung von Glutathion, einem wichtigen Antioxidans, das in jeder Körperzelle vorhanden ist und den Körper vor freien Radikalen schützt. In der Leber ist Glutathion zudem an zentralen Entgiftungsvorgängen beteiligt.
Wichtig für die Taurinbildung
Auch die Bildung der Aminosulfonsäure Taurin aus den Aminosäuren Cystein und Methionin ist von Vitamin B6 abhängig. Taurin ist wichtig für den Energiestoffwechsel, die Entgiftung, die Bildung der Gallenflüssigkeit, schützt das Herz-Kreislauf-System und das Nervensystem. Taurin kann zudem Alterungsprozesse verlangsamen.
Details über Taurin lesen Sie in unserem Artikel am Ende dieser Seite (wenn Sie nach unten scrollen unterhalb der Kommentare).
Wichtig für Abbau von Homocystein
Vitamin B6 ist gemeinsam mit weiteren B-Vitaminen (Folsäure und Vitamin B12) wichtig für den Abbau des schädlichen Homocysteins, das beim Abbau von Aminosäuren entsteht und normalerweise vom Körper schnell wieder abgebaut wird.
Fehlt B6 oder ein anderes der genannten B-Vitamine, kommt es zu einem erhöhten Homocysteinspiegel. Dies ist ein wichtiger Risikofaktor für Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose), Herzinfarkt und Schlaganfall. Aber auch die Entstehung von Alzheimer, Depressionen, Augenerkrankungen (Makuladegeneration) sowie das Auftreten von Komplikationen in der Schwangerschaft werden durch einen erhöhten Spiegel an Homocystein begünstigt (4).
Lesen Sie alles über Homocystein und wie Sie es senken können, in unserem Artikel über Homocystein, den Sie ganz unten finden (nach den Kommentaren).
Wichtig für die Entgiftung von Ammoniak
Ammoniak entsteht im Körper beim Abbau von Eiweiß. Die Leber wandelt den giftigen Ammoniak in ungiftigen Harnstoff um, der dann über die Nieren ausgeschieden werden kann.
Vitamin B6 unterstützt diesen Prozess. Ein B6-Mangel kann dazu führen, dass sich Ammoniak im Körper anreichert und das Nervensystem schädigt. (Nicht nur B6, auch Mangan und Zink sind für die Ammoniak-Entgiftung wichtig).
Energiebereitstellung
Vitamin B6 ist essenziell für die Energiegewinnung, da es den Abbau von Kohlenhydraten unterstützt und an der Gluconeogenese, der körpereigenen Zuckerproduktion, beteiligt ist. Letztere ist besonders wichtig für Nervenzellen und rote Blutkörperchen, die auf Glukose als einzige Energiequelle angewiesen sind.
Ein B6-Mangel kann die Zuckerneubildung verlangsamen und zu Unterzuckerung (Hypoglykämie), Heißhunger, Schwäche und Konzentrationsproblemen führen. Zudem ist Vitamin B6 notwendig, um Glykogen, den Energiespeicher in den Muskeln, abzubauen. Fehlt das Vitamin, kann dies zu schneller Ermüdung bei körperlicher Anstrengung führen.
Vitamin B6 fördert zudem die Insulinsensitivität des Gewebes und wirkt so der Entstehung von Diabetes mellitus entgegen (5)
Salzsäureproduktion im Magen
Vitamin B6 ist auch an der Bildung von Gastrin beteiligt, dem Hormon, das die Salzsäureproduktion im Magen anregt. Ein Salzsäuremangel verschlechtert die Proteinverdauung im Magen und reduziert die Zersetzbarkeit von schwer verdaulichen Nahrungsbestandteilen.
Weiterhin kommt es bei einem Salzsäuremangel zu einer verminderten Ausschüttung von Gallenflüssigkeit und Bauchspeicheldrüsensekret, wodurch auch insgesamt die Verdauung verschlechtert wird.
Durch unverdaute Nahrungsbestandteile im Dünndarm können Schleimhautentzündungen und Unverträglichkeiten ausgelöst werden. Zudem ist bei einem Salzsäuremangel die Abwehr gegenüber mit der Nahrung aufgenommenen Bakterien und Viren reduziert (3).
Bildung von Häm
Häm ist ein entscheidender Bestandteil des roten Blutfarbstoffs, des Hämoglobins. Es ist somit sehr wichtig für den Sauerstofftransport im Körper. Auch der rote Muskelfarbstoff (Myoglobin) und zahlreiche Enzyme enthalten Häm.
Vitamin B6 ist an der Häm-Bildung beteiligt, so dass es bei einem B6-Mangel zu einem Sauerstoffmangel kommen kann.
Es gibt aber auch Häm-haltige Enzyme, die bei B6-Mangel nicht mehr in ausreichender Menge gebildet werden können. Diese Enzyme sind wiederum an der Bildung von Hormonen wie den Sexualhormonen, Cortisol und den Schilddrüsenhormonen beteiligt, so dass es bei einem B6-Mangel auch in diesen Bereichen zu Problemen kommen kann.
Schutz vor Krebs
In Studien zeigte Vitamin B6 eine prophylaktische Wirkung gegenüber der Entstehung verschiedener Krebsarten, insbesondere von Tumoren im Bereich des Magendarmtrakts (8).
Eine Auswertung von vier Studien zeigte, dass das Risiko für die Entstehung von Dickdarmkrebs bei einem Anstieg der Vitamin-B6-Konzentration im Blut um 100 pmol/ml (Picomol pro Milliliter) jeweils um 49 % sinkt (9). Man hatte das aktive Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat) gemessen.
Die Normwerte für die Konzentration des Vitamins im Blut werden je nach Quelle unterschiedlich angegeben. Das Doc Medicus Gesundheitslexikon gibt beispielsweise einen Referenzbereich von 32,8 bis 102,5 nmol/l (Nanomol pro Liter) an. Das Labor Biovis setzt den präventivmedizinischen Bereich von 59,8 bis 261,4 nmol/l an und damit deutlich höher als viele andere Labore.
Zum Vergleich: 100 pmol/ml sind umgerechnet 100 nmol/l. Würde man also z. B. seinen B6-Wert von 60 nmol/l auf 260 nmol/l steigern, so würde sich das Risiko für Dickdarmkrebs um etwa 75 % reduzieren.
Symptome eines Mangels
Viele Symptome und Folgeerkrankungen eines Vitamin-B6-Mangels haben Sie bereits in den Abschnitten über die vielfältigen Funktionen von Vitamin B6 erfahren. Hier erhalten Sie nochmals eine kurze Übersicht der häufigsten Symptome:
Depressionen und Angstzustände
Vitamin B6 spielt eine wichtige Rolle bei der Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin und GABA. Diese sind für die Regulierung von Stimmung und Angst verantwortlich. Ein Mangel an Vitamin B6 kann zu einer Störung dieser Prozesse führen, was depressive Symptome und Angstzustände verstärken kann.
Erhöhte Reizbarkeit
Ein Mangel an Vitamin B6 kann die Produktion von Neurotransmittern beeinträchtigen, die für die Stimmungsregulierung wichtig sind, wie Serotonin und GABA. Dies kann zu erhöhter Reizbarkeit und emotionaler Instabilität führen.
Gefühl der Überforderung, Stressanfälligkeit
Vitamin B6 ist unentbehrlich für die Synthese von Neurotransmittern wie Serotonin, Dopamin und GABA. Diese regulieren die Stressbewältigung und die emotionale Stabilität. Ein Mangel führt zu einem Ungleichgewicht dieser Botenstoffe, was die Stressanfälligkeit erhöht und zu Reizbarkeit oder Angstzuständen führen kann.
Schlaflosigkeit
Vitamin B6 ist wichtig für die Produktion von Serotonin, das wiederum in Melatonin umgewandelt wird, ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Ein Mangel an Vitamin B6 kann daher die Melatoninproduktion verringern und zu Schlaflosigkeit führen.
Blutarmut
Vitamin B6 ist unentbehrlich für die Bildung von Hämoglobin, dem Protein der roten Blutkörperchen, das Sauerstoff transportiert. Ein Mangel an Vitamin B6 kann die Hämoglobinproduktion vermindern, was zu einer mikrozytären oder hypochromen Anämie führt, die durch Müdigkeit, Schwäche und Blässe gekennzeichnet ist.
Muskelabbau
Vitamin B6 spielt eine zentrale Rolle im Eiweißstoffwechsel und ist notwendig, um Aminosäuren zu synthetisieren und abzubauen. Ein Mangel kann die Proteinsynthese in der Muskulatur beeinträchtigen und zu einem verstärkten Muskelabbau führen, da der Körper Muskelprotein zur Energiegewinnung abbaut.
Energielosigkeit, schnelle Erschöpfung
Vitamin B6 ist durch seine Beteiligung an der Umwandlung von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen in nutzbare Energie für den Energiestoffwechsel unentbehrlich. Ein Mangel führt zu einer ineffizienten Energiegewinnung. Die Folgen sind rasche Erschöpfung, Muskelschwäche und allgemeine Antriebslosigkeit.
Gefühlsstörungen, Muskelzuckungen, Krämpfe
Vitamin B6 ist wichtig für die Funktion des Nervensystems. Es ist an der Synthese von Neurotransmittern wie GABA, Serotonin und Dopamin beteiligt. Ein Mangel kann zu einer gestörten Reizweiterleitung der Nerven und damit zu Gefühlsstörungen, Muskelzuckungen und Krämpfen führen.
Eingeschränkte Immunabwehr, Infektanfälligkeit
Für die Produktion und Funktion von weißen Blutkörperchen und Antikörpern, die eine zentrale Rolle bei der Immunabwehr spielen, ist Vitamin B6 unentbehrlich. Ein Mangel kann die Bildung dieser Immunzellen vermindern und die Immunantwort schwächen.
Allergien, Autoimmunerkrankungen
Vitamin B6 ist wichtig für die Regulierung des Immunsystems. Es sorgt für ein Gleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Prozessen. Ein Mangel kann zu einer Fehlsteuerung der Immunantwort führen. Dadurch steigt das Risiko für überschießende Reaktionen wie Allergien und Autoimmunerkrankungen, da das Immunsystem körpereigene Zellen angreifen kann.
Verdauungsbeschwerden, Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Ein Mangel kann zu einer Beeinträchtigung der Produktion von Verdauungsenzymen führen, was Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung zur Folge haben kann, sowie zu einer Schwächung der Darmbarriere, wodurch Nahrungsmittelunverträglichkeiten begünstigt werden.
Hautirritationen, Risse an den Mundwinkeln
Vitamin B6 ist wichtig, um Hautproteine zu bilden und die Hautzellen zu regenerieren. Ein Mangel kann durch erhöhte Hautempfindlichkeit und gestörte Wundheilung zu trockener, entzündeter Haut, Hautausschlägen und rissigen Mundwinkeln (Cheilitis) führen.
Lichtempfindlichkeit
Ein Mangel kann zu einer gestörten Signalübertragung in den Sehnerven und einer erhöhten Empfindlichkeit der Netzhaut führen, was eine verstärkte Lichtempfindlichkeit verursacht.
Wie hoch ist der Bedarf?
Die Frage, wie hoch der tägliche Bedarf an Vitamin B6 ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Einerseits unterscheiden sich die Empfehlungen von Ärzten und die Referenzbereiche von Labors mitunter beträchtlich, andererseits kann auch der individuelle Bedarf von Person zu Person sehr unterschiedlich sein.
Nichtsdestotrotz empfehlen die Deutsche, Schweizer und Österreichischen Gesellschaften für Ernährung die folgenden täglichen Aufnahmemengen an Vitamin B6:
- Säuglinge bis 4 Monate: 0,1 mg
- Säuglinge 4 bis 12 Monate: 0,3 mg
- Kinder 1 bis 4 Jahre: 0,6 mg
- Kinder 4 bis 7 Jahre: 0,7 mg
- Kinder 7 bis 10 Jahre: 1 mg
- Kinder 10 bis 13 Jahre: 1,2 mg
- Kinder 13 bis 15 Jahre: 1,4 (Mädchen); 1,5 mg (Jungen)
- Jugendliche/Erwachsene ab 15 Jahre: 1,4 mg (Frauen); 1,6 mg (Männer)
- Schwangere im 1. Trimester: 1,5 mg
- Schwangere im 2. und 3. Trimester: 1,8 mg
- Stillende: 1,6 mg
Gründe für einen höheren Bedarf
In der Ernährungsmedizin bzw. von ganzheitlich arbeitenden Ärzten werden oftmals deutlich höhere Dosierungen empfohlen, z. B. 10 bis 40 mg pro Tag von dem Vitaminexperten Dr. med. Ulrich Strunz (* 11 ).
Gründe für einen erhöhten Bedarf sind z. B. chronischer Stress, Infektionen oder eine Toxinbelastung des Körpers. Auch die Stoffwechselstörung Hämopyrrollaktamurie (HPU) führt zu einem erhöhten Bedarf an Vitamin B6, da es bei Betroffenen zu einem erhöhten Verlust des Vitalstoffs über den Urin kommt.
Um einschätzen zu können, wie die eigene Versorgung mit dem Vitalstoff ist und ob man Nahrungsergänzungsmittel einnehmen sollte, empfiehlt sich eine Blutuntersuchung – besonders wenn Symptome vorliegen, die auf einen Mangel hinweisen könnten.
Wichtig ist, dass dabei der Wert für die aktive Form von Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat) gemessen wird, denn nur so kann eine Aussage über die tatsächliche Versorgung des Körpers mit wirksamem B6 getroffen werden.
Wie häufig ist ein Mangel?
Ein Mangel an Vitaminen und anderen Mikronährstoffen ist in der heutigen Zeit sehr häufig. Ganzheitlich arbeitende Therapeuten geben oftmals an, dass jeder, der keine Mikronährstoffe supplementiert, nicht optimal versorgt ist.
Dies liegt zum einen daran, dass die Gehalte an Mikronährstoffen in der Nahrung niedriger sind als früher und dass viele Menschen zusätzlich ungesunde, vitalstoffarme Essgewohnheiten haben.
Ein weiterer Grund für die zunehmende Unterversorgung der Menschen mit Mikronährstoffen ist die steigende Belastung unserer Nahrung und Umwelt mit Toxinen. Dadurch steigt der Bedarf des Körpers an Mikronährstoffen weiter an, da diese ja nun in höherem Umfang zur Entgiftung benötigt werden.
Viele Mikronährstoffe etwa sind Cofaktoren für Enzyme zur Entgiftung oder wirken als Antioxidantien, wodurch sie die Schadwirkung von Giftstoffen reduzieren. Durch den erhöhten Anfall an Toxinen und damit auch an freien Radikalen (oxidativer und nitrosativer Stress) werden also mehr Mikronährstoffe verbraucht und somit auch gebraucht.
Vitamin-B6-Mangel insbesondere bei Frauen häufig
Verschiedene Studien haben die Häufigkeit eines B6-Mangels in der Bevölkerung untersucht. Dabei wurde die Konzentration des aktiven Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat) im Blut gemessen. Als Mangel wurde ein Wert von unter 20 nmol/l definiert.
- In einer US-amerikanischen Studie wiesen über 40 % der jungen erwachsenen Frauen (21 bis 44 Jahre) einen Vitamin-B6-Mangel auf (12).
- In einer kanadischen Studie hatten 1,5 % der untersuchten Frauen (19 bis 35 Jahre) einen zu niedrigen Wert (13).
Unabhängig von der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln waren die Werte von Frauen im gebärfähigen Alter deutlich niedriger als die von Männern in vergleichbarem Alter. Außerdem zeigte sich, dass die meisten Anwenderinnen oraler Verhütungsmittel von einem Mangel betroffen waren.
Präventivmedizin vs. Schulmedizin
Der präventivmedizinische Referenzbereich (siehe oben) beginnt etwa bei 60 nmol/l. Die in den Studien angesetzten 20 nmol/l sind also aus präventivmedizinischer Sicht ein extrem niedriger Wert. Würde man 60 nmol/l als Grenze verwenden, so würde entsprechend ein Großteil der Menschen als unzureichend versorgt gelten.
Wie Sie in dem Abschnitt über den Schutz vor Krebs gesehen haben, sind höhere Plasmawerte mit gesundheitlichen Benefits verbunden. So ist das nicht nur für Vitamin B6, sondern für viele Mikronährstoffe. Aus diesem Grund sollte man sich nicht von zu niedrig angesetzten Referenzbereichen täuschen lassen.
Kann das Vitamin überdosiert werden?
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) gab im Frühjahr 2023 als derzeit sichere höchste Vitamin-B6-Dosis 12 mg pro Tag an. (14) Dieser Wert resultiert aus Tierstudien und enthält Sicherheitsfaktoren. Erfahrungen aus der ganzheitlichen Medizin zeigen jedoch, dass deutlich höhere Dosierungen vertragen werden und für manche Patienten auch therapeutisch erforderlich sind.
Bei Überdosierungen des Vitalstoffs über einen längeren Zeitraum können neuronale Störungen (z. B. Muskelschwäche, Kribbeln in Händen und Füßen, Taubheitsgefühle) auftreten, die nach Absetzen des Präparats wieder verschwinden. Dr. Strunz sieht ein Risiko für Nebenwirkungen erst ab über 500 mg pro Tag.
Ganzheitlich arbeitende Ärzte und Heilpraktiker sehen nur ein geringes Risiko einer Überdosierung von B-Vitaminen. Viel größer sind die gesundheitlichen Risiken, die aus einer Unterversorgung mit Vitaminen und anderen Mikronährstoffen resultieren. So ist, wie im vorigen Abschnitt erklärt, ein Großteil der Bevölkerung von einem Vitaminmangel (und weiteren Mängeln an Vitalstoffen) betroffen.
Welche Lebensmittel enthalten Vitamin B6?
Vitamin B6 kommt sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln vor. Die höchsten Gehalte in Bezug auf eine Portionsgröße sind jedoch in tierischen Lebensmitteln wie Fisch, Fleisch und Innereien zu finden.
In der folgenden Liste finden Sie den Gehalt an Vitamin B6 (den inaktiven Vorstufen) in verschiedenen Lebensmitteln (in mg pro 100 g Lebensmittel). Die Daten stammen vom Bundeslebensmittelschlüssel.
- Sonnenblumenkerne: 1,27
- Hafer, ganzes Korn, roh: 0,96
- Haferflocken: 0,1
- Walnuss: 0,6
- Rinderleber gebraten: 0,59
- Buchweizen roh: 0,58
- Buchweizen gekocht: 0,11
- Lachs gekocht: 0,48
Wird das Vitamin beim Kochen zerstört?
Die Art und Weise der Lebensmittelzubereitung kann einen erheblichen Einfluss auf den Gehalt an Vitamin B6 in Lebensmitteln haben. Das Vitamin ist empfindlich gegenüber hohen Temperaturen und kann zudem durch umgebendes Wasser aus dem Lebensmittel herausgelöst werden.
Durchschnittliche Verluste durch die Lebensmittelzubereitung bewegen sich im Bereich von 30 bis 40 % (15), können aber insbesondere bei Lebensmitteln mit großen Oberflächen (z. B. Brokkoli) und langen Garzeiten auch größer sein.
Um den Gehalt an Vitamin B6 in Lebensmitteln weitgehend zu erhalten, ist es ratsam, schonende Zubereitungsmethoden wie Dämpfen, Mikrowellenkochen, kurzes Blanchieren oder Anbraten zu bevorzugen. Diese Methoden minimieren den Verlust des Vitalstoffs im Vergleich zum Kochen. Darüber hinaus ist es wichtig, Gemüse und Obst nicht zu lange in Wasser liegen zu lassen, da auch hier das B-Vitamin herausgelöst werden kann.
Welche Nahrungsergänzungsmittel gibt es?
Besonders wenn ein erhöhter Bedarf an Vitamin B6 besteht, ist es kaum möglich, diesen allein über die Nahrung zu decken. Wie oben empfohlen, sollten Sie also bei Verdacht eines Mangels zunächst Ihren Status an aktivem Vitamin B6 bestimmen lassen und bei Bedarf in Rücksprache mit einem Arzt oder Heilpraktiker das Vitamin supplementieren.
Aktives oder inaktives Vitamin?
Es gibt Vitamin-B6-Präparate, die die aktive Form enthalten, sowie Präparate, die die inaktive Form enthalten.
Bei Personen, die z. B. von einem Zinkmangel oder einem Vitamin-B2-Mangel betroffen sind, unter einer geschwächten Leber leiden oder von HPU betroffen sind, ist die Aktivierung von Vitamin B6 eingeschränkt. Diese Personen sollten auf eine aktive Vitaminform (Pyridoxal-5-Phosphat) zurückgreifen. Die Einnahme der inaktiven Form kann hier den Mangel häufig nicht beheben.
Mikronährstoffe wirken synergistisch
Die meisten Personen sind, wie oben erläutert, von einem generellen Mikronährstoffmangel betroffen. Entsprechend bringt es wenig, nur ein einzelnes Vitamin zu supplementieren. An einer einzelnen Stoffwechselreaktion sind oft viele verschiedene Mikronährstoffe als Cofaktoren beteiligt.
Es ist also wichtig, dass dem Körper alle diese Stoffe zur Verfügung stehen. Einen einzelnen Vitalstoff zu supplementieren und den Rest zu vernachlässigen bringt wenig.
Gerade bei den B-Vitaminen ist es empfehlenswert, nicht eines allein einzunehmen, sondern den gesamten B-Komplex. Besteht von einem B-Vitamin ein erhöhter Bedarf, kann dieses natürlich zusätzlich in höherer Dosis eingenommen werden.
Wann und wie sollte das Vitamin eingenommen werden?
Da Vitamin B6 für die Herstellung von Serotonin wichtig ist, wird es am besten morgens nach dem Aufwachen eingenommen. Wir schlafen besser und träumen am besten, wenn unser Serotoninspiegel niedrig ist. Andererseits profitieren wir bei Einnahme am Morgen von einem Serotoninschub während des Tages.
Die Einnahme von B6 und anderen energiefördernden Mikronährstoffen (z. B. weitere B-Vitamine, Vitamin D ) am Morgen kann Ihnen den zusätzlichen Energie- und Stimmungsschub geben, den Sie für einen angenehmen und produktiven Start in den Tag brauchen.
Vitamin B6 bzw. der B-Komplex kann zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
Fazit: Vitamin B6 – Wichtig für optimale Gesundheit
Vitamin B6 hat unglaublich viele Funktionen im menschlichen Körper. Für eine optimale Gesundheit ist eine ausreichende Versorgung mit dem Vitamin unabdingbar. Hierfür kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln erforderlich sein.