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  • Glutenhaltige Backwaren
8 min

Gluten vernebelt die Sinne

Wenn man – meist kurze Zeit nach dem Essen – das Gefühl hat, das eigene Gehirn befinde sich in einem Nebel, wenn man sich nicht konzentrieren und auch nicht mehr klar denken kann, wenn man sich fühlt, als habe man Drogen genommen, dann ist man nicht unbedingt in der Anfangsphase einer Demenz oder gar geisteskrank, sondern leidet womöglich an einer Glutenunverträglichkeit. Das Getreideprotein kann aber auch noch andere Folgen haben.

Fachärztliche Prüfung: Gert Dorschner
Stand: 26 August 2024

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Gluten – Von der Schulmedizin lange ignoriert

Gluten - ein Getreideprotein bzw. ein Proteinkomplex mancher Getreidearten - kann zum sog. Brain Fog ("Gehirnnebel") führen. Brain Fog hat nichts mit Alzheimer, nichts mit Demenz und auch nichts mit Depressionen oder geistigen Krankheiten zu tun – obwohl die Symptome oft an diese Zustände erinnern.

Leider ignoriert die Schulmedizin den Brain Fog größtenteils, obwohl es immer mehr Betroffene zu geben scheint, sagt Arzt und Ernährungsmediziner Dr. med. Lawrence Wilson. Und so findet man über ein vernebeltes Gehirn und den damit verbundenen Mangel an geistiger Klarheit in der medizinischen Literatur kaum Hinweise ( 1 ).

Wenn das Brötchen Verwirrung stiftet

Betroffene verbringen möglicherweise viele Stunden ihres ganzen Lebens in einem geistigen Nebel und sind nicht in der Lage, sich zu konzentrieren, schnelle Schlüsse zu ziehen, Informationen richtig zu verarbeiten und in der Schule oder am Arbeitsplatz mitzuhalten.

Ein solcher Zustand kann im Tagesverlauf immer wieder auftreten, nämlich immer dann, wenn man etwas Glutenhaltiges isst, etwa das Frühstücksbrötchen, dann das Sandwich zwischendurch oder die Nudeln zum Abendessen.

Vernebelt das Getreideprotein das Gehirn?

Die genannten Lebensmittel werden meist aus glutenhaltigem Getreide hergestellt, z. B. Weizen, Roggen, Kamut, Dinkel und Gerste. Laut Dr. Wilson kann genau das Getreideprotein (bei empfindlichen Menschen) die beschriebenen Symptome auslösen. Es kommt zu bestimmten Reaktionen im Gehirn. Dort wird das sensible Gleichgewicht von Hormonen und anderen Botenstoffen gestört. Als Folge davon können verschiedene psychische Probleme entstehen, angefangen von Depressionen, Autismus bis hin zu Schizophrenie.

Es kann sich aber auch einfach "nur" Brain Fog entwickeln. Und so steigt in diesem Fall nach jeder Mahlzeit, die das Getreideprotein enthält, der beschriebene "Nebel" auf und führt zu geistigen Einbrüchen. Brain Fog ist also das Ergebnis einer Nahrungsmittelunverträglichkeit, nämlich einer Unverträglichkeit bzw. Überempfindlichkeit gegenüber dem Getreideprotein.

Das Opium im Weizen

Das Getreideprotein ist schwer verdaulich. Oft wird es nicht vollständig in einzelne Aminosäuren zerlegt. Es bleiben unvollständig verdaute Bruchstücke des Getreideproteins zurück. Diese Protein-Bruchstücke nennt man Peptide. Je nach Zustand der Darmschleimhaut können sie - wenn ein Leaky Gut Syndrom vorliegt - die Schleimhaut passieren und gelangen in die Blutbahn.

Gluten-Peptide können nun körpereigene Stoffe (Endorphine) nachahmen, die im Gehirn wichtige Funktionen innehaben und am Schmerz- oder auch Glücksempfinden und an der Steuerung des Hungergefühls beteiligt sind. Man nennt die genannten Peptide auch opioide Peptide. Das Wort "opioid" stammt dabei von "Opium" ab und weist auf die benebelnde Wirkung dieser Peptide hin.

* Hier finden Sie unseren glutenfreien Ernährungsplan

Allergische Reaktionen

Gluten-Peptide können außerdem allergische Reaktionen auslösen. Diese können sich in Schwellungen und Entzündungen äußern. Im Gegensatz zu einem Insektenstich beispielsweise am Arm, dessen Schwellung leicht erkennbar und auch unmissverständlich spürbar ist, spürt man Schwellungen im Darm, die durch eine allergische Reaktion ausgelöst werden, nicht unbedingt.

Noch schwieriger zu entdecken sind allergische Entzündungen, wenn sie im Gehirn stattfinden. Das Gehirngewebe hat nicht – wie etwa die Haut – die Möglichkeit, sich über Juckreiz, Schmerzen oder Schwellungen bemerkbar zu machen. Daher verlaufen allergische Entzündungen im Gehirn – beispielsweise aufgrund von Gluten-Peptiden – sehr subtil, wie etwa durch ein vernebeltes Gefühl im Kopf ( 2 ).

Eisenmangel

Eine Glutenunverträglichkeit hat also ihre Ursache im Darm, macht sich jedoch nicht unbedingt über Verdauungsbeschwerden bemerkbar, sondern oftmals sogar einfach „nur“ mit einer chronischen Müdigkeit und dem Gefühl, nicht leistungsfähig zu sein.

Da in Verbindung mit einer schweren Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) gelegentlich auch eine Blutarmut eintrifft, glaubt man häufig, die ständige Müdigkeit käme von einem Eisenmangel. Die schlechte Eisenresorption ist jedoch nur die Folge der Unverträglichkeit. Meidet man in diesem Fall den Proteinkomplex, wird Eisen wieder resorbiert und die Blutarmut verschwindet.

Leider kann das Getreideprotein auch das Gegenteil einer Müdigkeit, nämlich eine chronische Nervosität auslösen. Selbst Haut- und Zahnprobleme können die Folgen einer solchen Unverträglichkeit sein.

Rheuma

Rheumatoide Arthritis (Rheuma) besserte sich bei einigen Patienten, wenn Sie sich künftig ohne das Getreideprotein ernährten. Auf die neue Ernährung reagierten sogar manche Patienten mit einer Besserung, die bei antirheumatischen Medikamenten keine Wirkung mehr bemerkt hatten ( 6 ).

Depressionen

Durch das Getreideprotein kann es auch - wenn eine entsprechende Überempfindlichkeit vorliegt - zu schlechter Stimmung, Müdigkeit, Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken kommen ( 4 ) ( 5 ).

Autoimmunerkrankungen

Bei manchen Autoimmunerkrankungen hilft eine Ernährung, bei der das Getreideprotein weggelassen wird. In unserem Artikel über die richtige Ernährung bei Hashimoto finden Sie dazu weitere Informationen.

Die Ursachen der Unverträglichkeit

Die interessanteste Frage ist jetzt aber: Wie kann sich eine solche Unverträglichkeit – an der bekanntlich nicht jeder leidet – überhaupt erst entwickeln?

1. Magensäuremangel

Eine mangelhafte Proteinverdauung kann auf einen Magensäuremangel hinweisen. Ein Magensäuremangel wiederum kann verschiedene Ursachen haben. Dazu zählt die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, welche die Magensäureproduktion hemmen.

Andererseits kann ein Mangel an Zink und Vitamin B6 zu einem Magensäuremangel führen. Beide Mikronährstoffe haben Einfluss auf die Magensäureproduktion. Auch eine jahrelange chronische Übersäuerung des Gewebes aufgrund einer jahrelangen säureüberschüssigen Ernährungs- und Lebensweise kann die Magensäureproduktion irgendwann einmal erschöpfen. Ganzheitliche Maßnahmen zur natürlichen Förderung einer gesunden und ausgeglichenen Magensäureproduktion finden Sie hier: Sodbrennen

* Hier finden Sie unseren Kochkurs Glutenfrei kochen und backen

2. Beschädigte Darmschleimhaut

Wenn nun im Magen ein Magensäuremangel herrschte, dann erreichen unvollständig verdaute Gluten-Partikel den Darm. Normalerweise sollten keine unvollständig verdauten Partikel die Darmschleimhaut passieren können. Dies geschieht nur dann, wenn die Darmschleimhaut geschädigt ist.

Die wichtigsten Ursachen für eine geschädigte Darmschleimhaut sind eine gestörte Darmflora (z. B. aufgrund von Antibiotika, Abführmitteln oder anderen Medikamenten, aufgrund von Stress, aufgrund von ungesunder Nahrung etc.) und Lebens- bzw. Ernährungsgewohnheiten, die chronische Entzündungsprozesse fördern (wenig Bewegung, wenig Sonnenlicht, wenige Omega-3-Fettsäuren, Hormonungleichgewicht etc.).

3. Übersäuerung und Schäden der Darmschleimhaut

Nun wartet das Getreideprotein nicht einfach ab, bis die in Punkt 1 und 2 beschriebenen Zustände irgendwann einmal eintreffen. Es ist direkt daran beteiligt, dass Punkt 1 und 2 überhaupt erst entstehen.

Glutenhaltige Getreide sind also - besonders bei übermäßigem Verzehr - an der Förderung einer chronischen Übersäuerung und an der Schädigung der Darmschleimhaut beteiligt. In anderen Worten: Das Getreideprotein schafft - u. a. durch seine entzündungsfördernde Wirkung - bei entsprechend empfindlichen Menschen selbst die Voraussetzungen für eine Unverträglichkeit ( 7 ).

Klarer Kopf durch glutenfreie Ernährung

Da bei einer einmal entwickelten Überempfindlichkeit schon der Verzehr von kleinen Glutenmengen ausreicht, um nebulöse Zustände (oder andere typische Symptome) zu verursachen, lohnt sich das Experiment glutenfreie Ernährung ganz außerordentlich. Nur dann finden Sie heraus, ob auch bei Ihnen das Getreideprotein für die verminderte Leistungsfähigkeit, für Konzentrationsstörungen und auch für Ihren Brain Fog verantwortlich ist.

Das Experiment sollte mindestens vier Wochen lang konsequent durchgeführt werden und eignet sich auch hervorragend für Kinder. Schon bald werden Sie klare Gedanken fassen können, Ihre Konzentrationsfähigkeit wird sich genauso verbessern wie Ihr Auffassungs- und Lernvermögen. Selbst die Stimmung kann sich deutlich heben und die Nebelschwaden werden sich endlich verziehen. Zur Unterstützung haben wir für Sie im nachfolgenden Link über 100 glutenfreie Rezepte zusammengestellt.

Fallbericht: Parkinson bessert sich

Selbst bei der Parkinson-Krankheit könnte eine Ernährung ohne das Getreideprotein u. U. die Symptome bessern - nämlich dann, wenn gleichzeitig eine Zöliakie vorliegt, also eine schwere Unverträglichkeit, bei der durch den Verzehr des Getreideproteins die Darmschleimhaut geschädigt wird. Dabei kann es sich auch um eine asymptomatische Zöliakie handeln, was die Diagnostik besonders schwierig macht.

Lesen Sie hier den Fallbericht eines Parkinson-Erkrankten, dem es dank glutenfreier Ernährung schon bald wieder sehr gut ging ( 3 ).

* Hier finden Sie unseren Kochkurs Glutenfrei kochen und backen

Glutenfreie Ernährung – Die Praxis

Der Proteinkomplex ist in den geläufigen Getreidearten enthalten und damit in all jenen Nahrungsmitteln, die diese Getreide in irgendeiner Form enthalten. Das sind in der Hauptsache Backwaren und Teigwaren (Mehl, Brot, Kuchen, Kekse, süße Teilchen etc.). Doch sind natürlich auch in sehr vielen Fertigprodukten (Suppen, Soßen, Desserts, Süßigkeiten etc.) entsprechende Mehle beispielsweise als Bindemittel enthalten und sollten gemieden bzw. mit glutenfreien Produkten ersetzt werden.

Die glutenfreie Ernährung ist nicht schwer (siehe auch voriger Link), erfordert nur in der ersten Zeit ein bisschen Umgewöhnung und Flexibilität:

  1. Statt Mehl aus Weizen, wählen Sie Mehl aus Buchweizen, Mais oder Hirse. Beim Backen sollten Sie sich jedoch an spezielle glutenfreie Rezepte halten, da Mehle ohne das Getreideprotein nicht über dessen Bindefähigkeit verfügt.
  2. Statt Brot aus Weizen oder Roggen wählen Sie Mais-Vollwert-Brote, Hirse-Vollwert-Brote, Reis-Vollwert-Brote oder Buchweizen-Vollwert-Brote.
  3. Statt Hartweizenpasta kommen Buchweizennudeln, Maisnudeln oder auch einmal Sojanudeln auf den Tisch. Achten Sie jedoch darauf, dass nicht etwa Hartweizen beigemischt wurde.
  4. Achten Sie beim Kauf von Haferflocken darauf, dass diese glutenfrei sind oder wählen Sie Müslis und Flakes aus Getreidearten (Mais, Reis), die das spezielle Getreideprotein nicht enthalten oder auch Pseudogetreidearten (Buchweizen, Quinoa, Amaranth).
  5. Wenn Sie bisher herkömmliche Soßenbinder oder Mehl zum Soßenbinden nahmen, dann können Sie jetzt Johannisbrotkernmehl zum Binden nehmen, welches nicht einmal aufgekocht werden muss und sich daher auch für kalte Dessertsaucen eignet.
  6. Im folgenden Link stellen wir Ihnen gesunde und köstliche Frühstücksideen ohne das Getreideprotein vor, die überdies noch rein pflanzlich sind.

Achten Sie beim Einkauf auf das Symbol für Glutenfreiheit. Es handelt sich dabei um eine durchgestrichene Getreideähre. Besonders viele passende Produkte finden Sie im Reform- und Naturkost-(Online-)Handel.

Update 15.6.2024

Wir haben die Abschnitte über Rheuma, Autoimmunerkrankungen und Depressionen sowie die Studien 5 - 7 in den Artikel eingefügt.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel wurde auf Grundlage (zur Zeit der Veröffentlichung) aktueller Studien verfasst und von MedizinerInnen geprüft, darf aber nicht zur Selbstdiagnose oder Selbstbehandlung genutzt werden, ersetzt also nicht den Besuch bei Ihrem Arzt. Besprechen Sie daher jede Massnahme (ob aus diesem oder einem anderen unserer Artikel) immer zuerst mit Ihrem Arzt.